Urs Staub, seit 2009 Leiter der Sektion Museen und Sammlungen des Bundesamts für Kultur BAK, führt offenbar seit 1990 einen Doktortitel, ohne je einen erworben zu haben. Das schreibt der «Tages-Anzeiger». Auf der Webseite des Bundesamts für Kultur sowie in diversen Publikationen soll sich Staub als «Dr. Phil.» bezeichnet haben.
Auf Anfrage der Zeitung habe er zuerst widersprüchliche Angaben zu seiner Dissertation gemacht, bevor er zugab, nie eine solche eingereicht zu haben. Der Chefbeamte habe den Doktortitel geführt, um dieses Defizit zu kompensieren. Er bedaure diesen Fehler, schreibt der «Tages-Anzeiger».
Mit Etikettenschwindel zum Sektionschef?
Staub ist in seiner Funktion als Sektionschef für die Vergabe von Geldern an bundeseigene Museen und Sammlungen sowie an externe Institutionen zuständig. Die BAK-Abteilung verfügte 2012 über ein Budget von 13 Millionen Franken. Beim Bundesamt für Kultur arbeitet Staub seit 1986. Acht Jahre später wurde er vom damaligen BAK-Direktor, David Streiff, zum Sektionschef Kunst und Design ernannt. Dieser hat bei der Ernennung Staubs im Jahr 1994 vom falschen Doktortitel nichts gewusst, wie er gegenüber SRF sagt: «Ich habe nie mit ihm darüber gesprochen und erst heute erfahren, dass es ein Problem gibt.»
Damals sei klar gewesen, dass Staub der «bestmögliche Kandidat» war. Er habe sich durch Wissen, Fleiss und Engagement hervorgetan. Seine Aufgabe als Amtsdirektor sei es gewesen, einen Kandidaten vorzuschlagen, sagt Streiff. «Die Überprüfung müsste aber im Departement des Inneren passiert sein, und vielleicht auch schon früher.»
Über Gelder bestimmten auch Kommissionen
Laut einem Insider, den der «Tages-Anzeiger» zitiert, sei der Titel-Schwindel im Bundesamt aber ein offenes Geheimnis gewesen. Man habe nur nichts gesagt, weil man von der Vergabe von Geldern durch Sektionschef Staub abhängig gewesen sei. «Das ist ein gemeiner Vorwurf», sagt der ehemalige BAK-Direktor Streiff dazu. Die meisten Entscheidungen würden nicht vom Sektionschef, sondern von den zuständigen Kommissionen gefällt. Zudem habe das Bundesamt viele Absagen machen müssen. «Die Betroffenen hätten mir dieses Gerücht dann zutragen können», sagt Streiff. Das sei aber nicht passiert.
Er wolle die unrechtmässige Inanspruchnahme eines Doktortitels nicht schönreden. «Das ist ein schlimmer, dummer Fehler.» Diesen müsse man aber im Verhältnis zu den Leistungen sehen, die Staub als Chefbeamter erbracht hat, betont Streiff. «Ich hoffe, dass man ihm trotz dieser Schmach nach 24 Jahren Grosseinsatz mit tausenden von Überstunden einen ehrenvollen Abgang gewährt.»
Die jetzige Amtsdirektorin, Isabelle Chassot, will sich erst zur Affäre äussern, wenn sie mit Staub gesprochen hat.