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Schweiz Flüchtlinge aus Syrien: Schweiz verlangt finanzielle Absicherung

Letzten Herbst hat die Schweiz eine Aktion lanciert, um Angehörige von Syrern die Einreise zu ermöglichen. Mehr als 1100 Menschen sind seither eingereist. Mehrere Tausend warten noch auf den Visumsentscheid – zum Teil unter prekären Bedingungen im Libanon und in der Türkei.

Eine Frau mit einem syrischen Pass in der Hand
Legende: Warten aufs Visum: Die Schweiz hat die Einreisebedingungen für Syrer verschärft. Keystone

Ashti Amir ist in der Türkei unterwegs. Der Schweizer mit syrischen Wurzeln organisiert Hilfslieferungen für Syrien. In der Türkei hat er mehrere syrische Familien getroffen, die Angehörige haben in der Schweiz: Seit Monaten warten sie auf ein Schweizer Visum. Viele hätten ihr Hab und Gut in Syrien verkauft - sie seien für das Visumsgesuch nach Istanbul zum Schweizer Konsulat gereist - und nun gestrandet in der Türkei. «Sie wissen nicht, was sie morgen machen. Sie haben mehrheitlich kein Geld mehr, um Miete zu bezahlen oder um Lebensmittel zu kaufen.» Zwar könnten sie sich bei einer Organisation melden und bekämen Lebensmittel, die für einen Monat reichten. «Irgendwann bekommen sie dies auch nicht mehr. Es ist sehr schwierig für diese Familien», sagt Amir via Internet aus der Türkei.

5000 Syrer warten auf ein Schweizer Visum. Im November 2013 hat das Departement von Justizministerin Simonetta Sommaruga die Bedingungen verschärft: Seither müssen die Angehörigen in der Schweiz ihre Familienmitglieder 3 Monate lang unterbringen und versorgen können. Dies ist eine hohe finanzielle Hürde. Ashti Amir hat diese Woche in der Türkei eine Familie getroffen, die von dieser Bedingung noch gar nichts wisse. «Diese Leute leben zu zehnt in einem Zimmer, das sie mit Kohle heizen, weil sie kein Geld haben. Sie warten auf diese Visa und sie wissen noch gar nicht, dass die Bedingungen verschärft worden sind», sagt er.

Das Rote Kreuz leistet Garantien

Die Schweiz hat bislang rund 500 Gesuche abgelehnt, häufig offenbar, weil die finanziellen Garantien fehlten. Deshalb ist nun das Schweizerische Rote Kreuz aktiv geworden. Zusätzlich zur Hilfe vor Ort zahlt die Hilfsorganisation Flüge in die Schweiz und leistet Garantien. «Es kann nicht sein, dass die Finanzen schliesslich entscheiden, wer ein solches Visum bekommt und wer nicht», sagt Markus Mader, der Direktor des Roten Kreuzes. Viele Flüchtlingsfamilien im Libanon und in der Türkei seien völlig mittellos. «Es sind vor allem Frauen und Kinder, die betroffen sind. Die Gefahr der Ausbeutung ist besonders gross.»

Das Rote Kreuz hat bereits rund 200 Syrer unterstützt - und rechnet mit Hunderten weiteren Fällen. Die Flüchtlingshilfe unterstützt die Hilfsaktion und vermittelt Unterkünfte in der Schweiz. Beat Meiner, der Leiter der Flüchtlingshilfe, kritisiert die Visapolitik des Departements Sommaruga.

Verwandte müssen Unterstützung leisten

Beim Bundesamt für Migration aber sieht Sprecherin Sibylle Siegwart die Schweiz nicht in der Verantwortung: «Es ist eine schwierige Situation für diese Leute, wenn sie warten müssen. Wir gehen wirklich davon aus, dass sie von den Verwandten in der Schweiz unterstützt werden können.» Bis in 3 Monaten will das Amt die offenen Fälle entschieden haben. Neue Visa-Gesuche sind seit Ende November gar nicht mehr möglich.

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Die über 1100 Syrerinnen und Syrer, die bereits eingereist sind, haben ein Visum für 3 Monate. Mehr als die Hälfte von ihnen hat inzwischen aber ein Asylgesuch eingereicht und darf hierbleiben. Ohnehin müsse niemand zurück nach Syrien, sagt Siegwart vom Bundesamt für Migration: «Aufgrund der dramatischen Situation in Syrien schickt die Schweiz niemanden zurück. Wenn das Visum abgelaufen ist, können sie deshalb ein Gesuch um vorläufige Aufnahme stellen.»

Wer es in die Schweiz geschafft hat, darf bleiben. Für die Tausenden von Kriegsflüchtlingen auf der Warteiliste im Libanon und in der Türkei dürfte das ein schwacher Trost sein.

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