Linke Politiker und Nichtregierungsorganisationen kritisieren das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China. Sie verlangen, dass nachverhandelt wird und Bestimmungen über die Menschenrechte und den Arbeiterschutz explizit in den Vertragstext aufgenommen werden. Im vorliegenden Abkommen wird nur ganz allgemein Bezug genommen auf die UNO-Charta.
Menschenrechte im Handelsvertrag?
Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse lässt die Kritik nicht gelten: Die Erwähnung der UNO sei weit mehr als bloss «nette Worte», sagt Jan Atteslander. Er ist Leiter der Abteilung Aussenwirtschaft von Economiesuisse. Es sei ein klares Zeichen, dass sich China in diesem Bereich verbessern und auf dem Weg dazu mit der Schweiz zusammenarbeiten wolle. Für Atteslander ist die Erwähnung der UNO in einem Handeslvertrag sogar ein «Erfolg für die Schweiz.»
Das sieht Thomas Braunschweig von der Nichtregierungsorganisation «Erklärung von Bern» (EvB) anders: Wenn man China beim Handel schon Vorzugsbedingungen einräume, was mit dem Freihandelsvertrag ja geschehe, «dann wäre es nicht mehr als Recht, wenn man auf den Menschenrechten insistieren würde.» Dies betreffe vor allem jene Bereiche, welche mit dem Handel zu tun hätten, etwa die Arbeitsrechte.
Bedeutet mehr Wohlstand auch mehr Menschenrechte?
Immerhin ist auch für den Economiesuisse-Vertreter klar, dass sich die schlechten Arbeitsbedingungen, unter denen Kinder und Erwachsene in Entwicklungs- und Schwellenländern leiden, verbessern müssen. Allerdings müsse dies über die dafür zuständigen Organisationen – etwa die Internationale Arbeitsorganisation der UNO (ILO) – geschehen: «Freihandelsabkommen eignen sich nicht für konkrete Massnahmen», sagt er.
Der Freihandel sei dazu da, Handels- und Zollschranken abzubauen. Dadurch ergäben sich neue Geschäftsmöglichkeiten und mehr Wohlstand in den betreffenden Ländern, was es wiederum ermögliche, Menschen- und Arbeitsrechte weiterzuentwickeln. «Das hat man in verschiedenen Regionen der Welt gesehen», betont Atteslander.
«Ein Rückschritt für die Schweiz»
EvB-Handelsspezialist Braunschweig hat auch hier eine andere Sicht der Dinge: Er erwähnt den kürzlich zwischen der Efta – dort ist auch die Schweiz Mitglied – und Bosnien-Herzegowina abgeschlossenen Freihandelsvertrag. Darin ist festgehalten, dass das Balkanland «nachhaltige Bemühungen» machen muss, um die dort noch nicht geltenden Arbeitsnormen der ILO zu ratifizieren. «Von so etwas sehen wir nichts im Vertrag mit China – das ist ein Rückschritt», sagt Braunschweig.
Entsprechend fordert die EvB, dass das Parlament den vorliegenden Freihandelsvertrag mit China ablehnt. Der Bundesrat solle mit Peking neu verhandeln, damit die Arbeitsrechte in den Vertrag aufgenommen werden. Für Handelsspezialist Braunschweig ist «absolut offfen», ob sich China einer solchen Forderung tatsächlich verschliessen würde.
Mit dem vorliegenden Abkommen gebe die Schweiz – als erstes Industrieland, mit dem China einen Freihandelsvertrag eingeht – ein «ganz schlechtes Zeichen». Die EvB sei «ehrlich besorgt über die Reputation der Schweiz.» Denn China werde bei künftigen Verhandlungen mit anderen Ländern auf den Vertrag mit der Schweiz verweisen.