Das Positive zuerst: Heute ist die Situation für Behinderte ganz klar besser als vor zehn Jahren: Die öffentlichen Verkehrsbetriebe haben Perrons erhöht und Niederflurbusse und Niederflurtrams gekauft. Amtsstellen, Museen und Kulturhäuser haben Rollstuhlrampen gebaut.
Mit neuem Recht sind Rechte einfacher einzufordern
Aber man sei noch lange nicht am Ziel, sagt Caroline Hess Klein, die Leiterin der Fachstelle der Behindertenverbände. Immerhin sei es mit dem neuen Gesetz einfacher geworden, die Rechte der Behinderten einzufordern. Früher habe man dafür betteln müssen, dass man den Behinderten entgegenkomme. «Heute können wir sagen, wir haben ein Gesetz, das umgesetzt werden muss», sagt Hess Klein.
Mangelhaftes Wissen der Behörden
Ein Minus hingegen sei, dass nicht alle Kantone und Gemeinden gleich viel Energie in die Umsetzung des Gesetzes steckten. Gewisse Behörden wüssten nicht einmal genau über das Gesetz Bescheid: «Ich staune immer noch mehrmals pro Woche, was ich alles zu hören kriege», so Hess Klein.
Diskriminierung am Arbeitsplatz
Sie bemängelt weiter, dass das Gesetz Behinderte zu wenig gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz schütze: Wenn eine Frau bei gleicher Leistung weniger Lohn als ein Mann erhält, kann sie das einklagen. Wenn sich ein Behinderter im Betrieb benachteiligt fühlt, kann er sich aber nicht auf das Behindertengleichstellungsgesetz berufen.
Behinderte in Gesellschaft untervertreten
Beim Bund befasst sich das Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen mit der Umsetzung des Gesetzes. Das Fazit von Büroleiter Andreas Rieder ist durchzogen. Die Bilanz im Kernbereich sei zwar gut.
Wenn man aber über das Gesetz hinausblicke, «gibt es einiges zu tun» – nämlich behinderte Menschen stärker zu Wort kommen lassen. Noch seien sie in Politik und Vereinen untervertreten und damit in der Gesellschaft nicht vollständig angekommen, so der Fachmann des Bundes.