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Ein Kontukteur mit Scanner und Swiss Pass
Legende: Seit dem 1. August 2015 bekommt der SBB-Kunde für ein neues GA oder ein Halbtax-Abonnement den roten Swiss Pass. Keystone

Schweiz Geteiltes Fazit über den neuen SwissPass

Drei Monate nach der Einführung des SwissPass zieht die SBB und der Verband öffentlicher Verkehr (VÖV) eine positive Zwischenbilanz. Doch die SwissPass-Einführung kämpft auch mit Kinderkrankheiten und Kritik.

Die Debatte über Datensicherheit bei SwissPass hat schon vor der Einführung des neuen Systems der SBB für Skepsis gesorgt. Datenschützer befürchteten, dass Bewegungsprofile gespeichert werden. Die SBB verneinte: Weder werde registriert, wo die Kunden ein- und aussteigen, noch sei mit dem Chip im Swisspass eine Ortung möglich.

In drei Jahren fahren alle mit SwissPass

Seit dem 1. August gibt es für General- und Halbtaxabos statt des gewohnten blauen Kärtchens den roten SwissPass. Mittlerweile sind laut dem VÖV fast 600'000 neue Karten im Umlauf. Das sind mehr als ein Drittel aller GAs und gut 18 Prozent der Halbtaxabos. Jede Woche kommen Tausende weitere hinzu. Bis in drei Jahren werden alle alten Karten durch neue ersetzt sein.

«Wir sind zufrieden», bilanzierte VÖV-Direktor Ueli Stückelberger. Das «sehr komplexe Projekt mit einer langen Vorlaufgeschichte» sei ruhig eingeführt worden. Fast alles hätte reibungslos funktioniert, die Leute akzeptierten das neue System.

Das nicht immer alles reibungslos funktioniert, zeigten jedoch Recherchen von SRF News: Letzte Woche habe es massive Synchronisationsprobleme während mehreren Stunden gegeben, wie ein SBB-Mediensprecher bestätigte. Die Ursache für die Störung konnte jedoch nicht abschliessend geklärt werden. Auch ein Hackerangriff wird zumindest nicht ausgeschlossen.

Unzufriedene Seilbähnler

Zusätzlich gibt es noch finanziellen Unstimmigkeiten mit Partnern, die mit der SBB im selben Boot sitzen. Für Eric Balet, Vizepräsident des Verbands Seilbahnen Schweiz, ist der SwissPass «eine gute Idee, technisch gesehen aber nicht ausgereift», wie er festhielt. Um Zugang zum neuen System zu haben, müssten die Bergbahnen zu viel zahlen.

«Wir müssten der SBB eine Kommission von sechs Prozent auf jeden verkauften Skipass entrichten.» Dazu komme eine Gebühr in Höhe von 4000 Franken pro Station. Der Mehrwert des SwissPass für die Wintersportorte sei dagegen klein. «Der Bund will die Reisenden von der Strasse auf die Schiene locken, wir haben aber nichts davon ausser höhere Kosten», sagte Balet.

Streit um Abgaben an SBB

Tatsächlich haben sich bisher lediglich 23 Skigebiete und Bergbahnen dem SwissPass angeschlossen - keine einzige Westschweizer Station ist dabei. «Es gibt verschiedene Meinungen», gab Stückelberger zu.

«Es sind nicht alle Stationen vertrauensvoll», sagte auch Jeannine Pilloud, Leiterin SBB Personenverkehr. Deshalb sei eine Begleitgruppe gegründet worden, welche Lösungen mit den Seilbahnen finden soll. «Wir haben Überzeugungsarbeit vor uns.»

Pilloud stellte zugleich klar, dass die SBB die ÖV-Karte nicht für alle finanzieren könne. Der prozentuale Anteil der Kommissionen sei für alle Bergbahnen gleich hoch. «Die Abgaben müssen marktgerecht sein.»

Doch die Fronten sind verhärtet. «Auch wenn die Kommissionen wegfallen würden, wäre das immer noch ein grosses Geschenk von uns an die SBB», sagte Balet von den Seilbahnen Schweiz. Die kommerziellen Bedingungen seien zu hoch.

Widersprüche bei Kontrollzeiten

Das speichert die SBB

Box aufklappen Box zuklappen

Die rote Karte enthält nebst Foto jeweils den Namen, die Kundennummer und das Geburtsdatum des Besitzers. Die Infos zur Art des Abos und zum Ablaufdatum sind jedoch zentral abgelegt. Um diese Daten abzufragen, muss der integrierte Chip mit einem Gerät gescannt werden. Die Scan-Geräte registrieren, welche Kunden wann und wo kontrolliert wurden.

Verstummt sind laut SBB und VÖV dagegen andere Kritiker. Die anfänglichen Klagen über längere Kontrollen und fehlende Lesegeräte hätten sich grösstenteils nicht bestätigt. «Es gibt zwar gewisse Kinderkrankheiten und Anlaufschwierigkeiten», sagte Stückelberger. Diese seien aber «im normalen Bereich für ein solch grosses Projekt» und würden mit Sofortmassnahmen gelöst.

Nicht ganz so rosig tönt es bei der Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV): «Die Kontrolle pro Fahrgast dauert dreimal länger», sagte Mediensprecher Peter Moor-Trevisan. Dies sei eine Einladung zum Schwarzfahren, weil die Kontrolleure nicht mehr alle Fahrgäste erreichten.

Der VÖV und die SBB widersprechen: «Das Kontrollpersonal ist zufrieden», sagte Stückelberger. Er habe keine Hinweise, dass es mehr Schwarzfahrer gebe. Laut Pilloud gibt es «aufs Ganze gesehen auch nicht längere Kontrollen».

Auch von Stimmen unzufriedener Kunden, welche den SwissPass anders als früher jedes Mal auf dem Portemonnaie hervorkramen müssen, will Pilloud nichts wissen. «Ich reise viel mit dem Zug und habe keinen Ärger von Mitreisenden verspürt.»

Datenschützer kontrolliert Daten

Bedenken betreffend Datenschutz haben sich laut SBB und VÖV als nichtig erweisen. «Wir wissen nicht, wo unsere Reisenden herumfahren», sagte Stückelberger. Es sei keine Ortung und kein Bewegungsprofil möglich. Kontrolldaten würden nach drei Monaten gelöscht. Unberechtigte Personen hätten keinen Zugriff darauf.

Der Eidg. Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) eröffnete vor ein paar Wochen eine Sachverhaltsabklärung in dieser Angelegenheit, wie Mediensprecher Francis Meier sagte. «Gegenstand der Kontrolle sind die Datenbearbeitungen, die in Zusammenhang mit dem SwissPass erfolgen.» Resultate seien in ein paar Wochen zu erwarten.

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