Das Schweizer Volk hat Routine im Abstimmen: Zweimal bereits hat es Ja gesagt zur Ausweitung des freien Personenverkehrs auf osteuropäische EU-Staaten.
Ohne Gewerkschaften wäre es wohl anders gekommen, sagt Paul Rechsteiner. Er ist SP-Ständerat und Präsident des Gewerkschaftsbunds: «Die Abstimmungskämpfe wurden immer intensiv geführt. Es brauchte auch immer den entschlossenen Einsatz der Gewerkschaften für das Ja.»
Sozusagen als Gegengeschäft für die Ja-Parole machte der Bundesrat den Gewerkschaften bei beiden Abstimmungen Zugeständnisse: Er verschärfte jeweils die Massnahmen gegen Lohndumping.
Gewerkschafter: zu tiefe Löhne
Ein solches Gegengeschäft wittern die Gewerkschaften auch jetzt im Fall Kroatien. Sie verlangen: Bundesrat und Parlament müssen die Hürden senken für «allgemein verbindliche Gesamtarbeitsverträge» und für branchenspezifische Mindestlöhne.
«Es gibt viele Probleme in den Branchen, wo die Löhne zu tief sind. Es muss etwas geschehen», sagt Gewerkschafter Rechsteiner.
Die SVP droht bereits mit einem Referendum. Sie ist gegen den freien Personenverkehr mit Kroatien.
Arbeitgeber: keine neuen Massnahmen
Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann scheint die Forderungen ernst zu nehmen: Im Juli bereits hat er still und leise Gespräche lanciert zwischen Gewerkschaften, Kantonen und Arbeitgebern. Roland Müller, der Direktor des Arbeitgeberverbands, gibt sich hart. Seine Devise lautet: «Keine neuen zusätzlichen Massnahmen in diesem Bereich.»
Man könne bestehende Lohnkontrollen optimieren, allenfalls Bussen erhöhen – mehr aber nicht: «Es kann nicht darum gehen, die Massnahmen unbeschränkt auszubauen. Sondern es gilt nun, den Vollzug wo nötig zu verstärken.»
Weiterreden und weiterverhandeln wollen aber auch die Arbeitgeber. Sie wissen: Die Gewerkschaften sitzen an einem langen Hebel. Ohne sie wäre die absehbare Kroatien-Abstimmung nur schwer zu gewinnen. Bis Ende Jahr sollen die Gespräche abgeschlossen sein.