Krick-, Schnatter-, Spiess- und Stockenten überwintern gerne am Klingnauer Stausee im Kanton Aargau. Hier stehen sie im seichten Wasser und picken nach Nahrung. Im Frühling kommen dann noch Watvögel dazu. Sie sind die Profiteure der Verlandung. Nun verlandet der Klingnauer Stausee aber zu stark. Seit 80 Jahren wird das Wasser hier gestaut. Seither lagern sich feinste Sedimente am Boden ab.
Falls nichts unternommen werde, schreite die Verlandung in der gesamten linken Seebucht fort, stellt Patrick Rötheli vom Aargauer Baudepartement fest. Ein Auenwald böte nach seinen Worten nicht mehr den passenden Lebensraum für die Wasser- und Watvögel.
PCB aus dem letzten Jahrhundert
Die weitere Verlandung in einem der wichtigsten Schweizer Vogelschutzgebiete soll deshalb verhindert werden. Problematisch: In den unteren Schichten lagern Sedimente von Mitte des letzten Jahrhunderts, in welchen sich giftiges PCB angereichert hat. Das PCB wurde früher in elektronischen Bauteilen eingesetzt und gelangte so in die Umwelt. Ein Teil der Sedimente überschreitet die zulässigen Grenzwerte um ein Mehrfaches.
Entsprechend gross war die Empörung, als das Aargauer Parlament vor fünf Jahren aus Spargründen entschied, diese Sedimente einfach einige Kilometer flussabwärts in den Rhein zu pumpen. Auch die internationale Kommission zum Schutz des Rheins war gar nicht begeistert.
Triage als Kompromiss
Wegen des Widerstands überarbeitete das Aargauer Baudepartement das Projekt: Der Schlamm soll nun in giftig, schwachgiftig und harmlos unterteilt werden, erklärt Rötheli. Mit dieser Triage könne die relevante Belastung abgesondert und auf Deponien entsorgt werden. Alle anderen Sedimente mit natürlicher Hintergrundbelastung müssten dagegen nicht zusätzlich auf Deponien.
Unter diesen Voraussetzungen würden anstelle der ehemals 40'000 Kubikmeter Schlamm nur noch 17'000 Kubikmeter in den Rhein geleitet.
Die Rheinschutzkommission ist damit zufrieden. Anders tönt es bei den Fischern. Hans Brauchli vom Aargauischen Fischereiverband fordert eine Komplettsanierung: «Auch bei einer Triage gibt es immer noch zu viele hochgiftige Stoffe. Davon braucht die Natur nicht noch mehr.»
Notfalls bis vor Bundesgericht
Für die Fischer steht aber mehr auf dem Spiel. Denn im ganzen Land gibt es ähnliche Fälle von belasteten Sedimenten vor Staustufen, die irgendwann ausgebaggert werden müssen. Der Fall Klingnau ist deshalb laut Brauchli sehr wichtig. Dem Wiedereinbringen von problematischen Stoffen sollen mit einem falschen Präjudiz nicht Tür und Tor geöffnet werden.
Die Krickenten und Teichhühner kümmert dieser Streit wenig. Sie picken weiter nach Würmern und Muscheln im Schlamm und können das wohl noch eine Weile tun, bis die ersten Bagger auffahren. Denn die Aargauer Fischer sind wild entschlossen, mit ihrem Anliegen bis vor Bundesgericht zu gehen.