Mittlerweile machen auch in der Schweiz immer mehr Frauen ein naturwissenschaftliches Diplom. Sie sind aber nach wie vor deutlich in der Minderheit.
SRF hat mit Urs Moser, Bildungsforscher an der Universität Zürich, gesprochen und ihn gefragt:
SRF: Warum tun sich Mädchen in der Schweiz mit Fächern wie Mathematik oder Physik immer noch schwer?
Urs Moser: Das ist immer noch auf die Stereotypierung von Fachbereichen zurückzuführen. Wenn man das Gefühl hat, dieses Fach ist nichts für mich, dann baut man eine unbegründete Angst auf, welche die Interessen und das Handeln leitet.
Die Tatsache also, dass immer noch mehr Männer oder Jungen naturwissenschaftliche Berufe ergreifen, hat nichts mit Talent zu tun?
Talent hat kein Geschlecht. Pisa-Studien und internationale Vergleiche zeigen sehr schön, dass es Länder gibt, in denen es keine Differenzen gibt – in anderen Ländern sind die Differenzen aber sehr gross. Wenn Talente oder Begabungen ein Geschlecht hätten, dann wären die Differenzen in sämtlichen Ländern in etwa gleich gross.
Welche Länder kann sich die Schweiz als Vorbild nehmen?
In Frankreich, Italien, Belgien oder Finnland sind die Mädchen in den Naturwissenschaften etwa gleich gut wie die Jungen.
Was können Eltern, Lehrer oder die Politik tun, damit Mädchen gleich gut werden wie Jungen?
Sie müssen davon überzeugt sein, dass Schulfächer grundsätzlich kein Geschlecht haben. Sie müssen an die Mädchen die genau gleichen Erwartungen haben wie an die Knaben: dass sie leistungsfähig sind, dass sie fähig sind, Mathematik zu studieren oder mathematisch orientierte Berufe zu wählen. Mit dieser Erwartungshaltung werden sich Schülerinnen und Schüler ganz anders verhalten.
Das Gespräch führte Sarah Nowotny.