Die Energiewende ist ein grosses Geschäft – zum Beispiel für Solarfirmen, Heizungstechniker und Isolationshersteller. Hans-Ulrich Bigler ist Direktor des Gewerbeverbandes. Er sieht darin eine Chance: «Wenn sich ein Land sehr früh mit dieser Problematik auseinandersetzt, die Ressourcen effizient einsetzt, dann gibt es Wettbewerbsvorteile und Beschäftigung für das ganze Land.»
Keine Pflästerlipolitik
Geld verdienen und viel Energie einsparen lässt sich insbesondere bei den Häusern. Aber die bisherige Methode sei eine Pflästerlipolitik, beklagt der Gewerbeverband. Es reiche eben nicht aus, Fenster auszuwechseln und Fassaden zu dämmen.
Man müsse viel öfter als bisher bestehende Häuser abreissen und von Grund auf neu bauen: «Wenn wir optimale Resultate im Baubereich erreichen wollen, dann geht es darum, Ersatzneubauten zu errichten. Das ist oft viel energieeffizienter als eine Renovation.»
Dazu müssten aber die Baunormen und die Bewilligungsverfahren radikal vereinfacht werden. Nur so lohne es sich für die Hausbesitzer, in neue Häuser zu investieren. Damit es vorwärts geht, fordert Bigler auch weitere Steuerabzüge: «Es müssen Anreize gesetzt werden, beispielsweise langfristige Steueranreize, damit die Investitionen erfolgen.»
Abriss nicht unbedingt ökologisch
Viele Forderungen und Vorschläge – nur, was taugen sie aus ökologischer Sicht? Hansruedi Leibundgut, Professor für Gebäudetechnik an der ETH Zürich, hält nichts davon, öfter Häuser abzureissen als bisher: «Wenn sie gut sind zum Wohnen und nur das Energieproblem besteht, dann muss man sie nicht abreissen.»
Denn um das Energieproblem zu lösen, reicht eine neue Heizung aus. Leibundgut forscht seit Jahrzehnten an intelligenten Heiztechniken. Er hat an der ETH unter anderem ein System entwickelt mit dem im Sommer überschüssige Wärme aus den Häusern in den Boden geleitet wird: «Letztlich ist es die Verwendung von Sonnenenergie, die im Sommer anfällt. Sie wird im Winter für die Wärmepumpe verwendet, um das Haus zu heizen.»
Teile der ETH werden schon heute so beheizt. Das System funktioniert und kommt voraussichtlich in zwei Jahren auf den Markt. Aber ganz unabhängig vom Heizsystem sei es sinnvoll, alte Bausubstanz nicht vorschnell abzureissen, sagt Leibundgut.
Denn jeder Neubau eines Hauses verbrauche auch viel Energie. Bei Abriss und Neubau werde viel Kohlendioxid in die Atmosphäre ausgestossen.«Man muss sehr gut aufpassen, was man jetzt tut.» Es gilt also, im grossen Geschäft mit der Energiewende, die Energiewende selbst nicht ganz zu vergessen.