Als in Altstätten wegen einer Schiesserei die Polizei gerufen wurde, stiessen die Beamten auf eine riesige Indoor-Hanfanlage. In der Halle: mehrere tausend Pflanzen; dazu Lampen, die automatisch ein- und ausschalten.
«Da waren Profis am Werk. Das sieht man schon an den Lampen», sagt Christian Schneider, Analytiker bei der Bundeskriminalpolizei. Laut Schätzungen der Kantonspolizei St. Gallen wurde mit der Anlage in Altstätten ein Umsatz von mehreren Millionen Franken gemacht. Das berichtet «Schweiz Aktuell».
Noch sind zwei Drittel Kleinanbauer
Die Entwicklung der Hanfplantagen in der Schweiz geht weg von Hanfzüchtern mit einigen wenigen Pflanzen hin zu Grossanlagen. Zwar machen die Kleinanlagen mit bis zu hundert Pflanzen noch die Mehrheit aus: Im Kanton Zürich sind es zwei Drittel. Doch tauchen immer mehr Profianlagen mit mehreren tausend Pflanzen auf, wie «10vor10» berichtet.
Wie professionell die Täter in Altstätten vorgingen, zeigt sich auch an der Einrichtung: In der Halle wurde entlang den Fenstern eine Mauer errichtet. So konnte man von aussen nicht sehen, dass drinnen Tag und Nacht die Lampen brennen. Eine Hochleistungs-Lüftungsanlage filterte den starken Geruch aus der Luft.
Kameras und Wachhunde
Weil ein solcher Betrieb viel wert ist, hatten die Betreiber der Anlage das Gelände mit Kameras gesichert. Zudem bewachten Wachen mit Hunden die Halle während 24 Stunden. Der Grund: Andere Banden haben sich darauf spezialisiert, Grossanlagen auszuräumen. Dies könnte auch der Hintergrund der Schiesserei in Altstätten sein; die Abklärungen laufen.
Zwar ist die Nachfrage nach Cannabis in der Schweiz in den letzten Jahren konstant geblieben. Es bleibt aber die am häufigsten konsumierte illegale Droge, wie Christian Schneider von der Bundeskriminalpolizei sagt. Von der Schweizer Bevölkerung ab 15 Jahren haben rund ein Drittel der Männer und ein knappes Viertel der Frauen schon mindestens einmal Cannabis probiert (Stand 2011). Der Strassenwert des verkauften Marihuanas pro Jahr beträgt rund 250 Millionen Franken.
Fast nur noch Indoor-Anlagen
Das Angebot habe sich aber komplett verändert, sagt Schneider. Heute gebe es fast nur noch Indoor-Hanfplantagen. Seit der Revision des Betäubungsmittelgesetzes von 2011 muss die Polizei nicht mehr nachweisen, dass der Hanf zu Rauschzwecken angebaut wurde. Neu gilt eine Grenze von 1 Prozent THC. Ist der THC-Gehalt höher, gilt der Hanf automatisch als Droge.
«Outdoor-Hanfplantagen sind leichter zu finden und machen heute wenig Sinn», sagt Schneider. Indoor-Hanfanlagen findet die Polizei immer häufiger in Hallen von stillgelegten Fabriken oder in Industriegebäuden. 70 Anlagen waren es 2014 im Kanton St. Gallen. In Jahr zuvor waren es noch 18 gewesen.
Im Gegensatz zum Heroin- oder Kokainhandel sei der Cannabishandel immer noch weitgehend in Schweizer Hand. Es gebe aber auch Gruppen aus dem Balkan, die im Schweizer Markt mitmischten, sagt der Experte. Der Handel mit Cannabis sei nicht grundsätzlich gewalttätiger geworden. «Es gab schon zu Zeiten der Hanfbauern Schiessereien», sagt Schneider.