Es ist wie mit dem neuen Haushaltsgerät, das man zum Geburtstag bekommt: Man hat es sich nicht gewünscht, und trotzdem muss man sich damit befassen. Ähnlich wird es den Schweizer Steuerbehörden ergehen, wenn sie dereinst aus dem Ausland Daten über Gelder erhalten, die Schweizer im Ausland deponiert haben. Das wird schon in wenigen Jahren der Fall sein – dann nämlich, wenn der automatische Informationsaustausch (AIA) kommt.
Daten nur in Verdachtsfällen verwenden?
Derzeit weiss der Bund noch nicht, was er mit diesen Informationen anfangen soll. «Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Von ‹gar nichts machen› bis zu ‹flächendeckend überprüfen›», sagt Mario Tuor vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen. Irgendwo dazwischen werde der Umgang mit den Daten wohl angesiedelt.
Die Lösung könnte etwa so aussehen: Die Schweizer Steuerbehörden verwenden die Daten nur bei Verdacht auf Steuerbetrug oder schwere Steuerhinterziehung. Daneben wären Stichproben im Datenmeer denkbar. Für unrealistisch hält Tuor, dass Staatsangestellte auf der Jagd nach Steuerbetrügern jeden einzelnen Datensatz durchforsten. Denn man müsse auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis solcher Datenverarbeitung berücksichtigen, so Tuor.
Soll das Bankgeheimnis für alle Schweizer gelten?
Der Bund will alle offenen Fragen bis 2015 klären und das Gesetz zum AIA vorlegen. Dann werden heftige Debatten losgehen. Denn in der Schweiz erfahren die Steuerbehörden nicht automatisch, wie viel Geld jemand hat, es gilt das Bankgeheimnis. Schweizer, die ihr Geld ins Ausland gebracht haben, werden künftig also nicht mehr gleich behandelt, wie Schweizer, die ihr Geld im Inland deponiert haben.
Vor allem bürgerliche Politiker wehren sich gegen eine faktische Aufhebung des Bankgeheimnisses für im Ausland deponierte Vermögen von Schweizern. «Es stellt sich die Frage, ob wir das überhaupt wollen, oder ob wir grundsätzlich darauf verzichten sollen», sagt SVP-Nationalrat Thomas Aeschi.
Falls man die Daten aus dem Ausland entgegennehme, so müsse man diese zumindest unberührt in einer Datenbank lagern. Nur bei Verdacht auf Steuerbetrug oder schwere Steuerhinterziehung dürften sie verwendet werden, fordert Aeschi. Ähnlich sehen es viele FDP-Parlamentarier. Auch sie wollen nicht automatisch Steuerdaten aus dem Ausland erhalten. Sie wollen solche Daten wie bisher nur auf Anfrage – bei einem konkreten Verdacht der Behörden.
Mitte-Links will AIA-Daten verwenden
Ganz anderer Meinung sind die Kantone, die SP und viele Mitte-Politiker. So ist für CVP-Nationalrat Leo Müller klar, dass die Daten aus dem Ausland auf der Suche nach Steuerbetrügern verwendet werden sollten. Müller hat vor diesem Hintergrund einen Rat für Schweizer, die Geld im Ausland lagern: «Wenn sie vom Bankgeheimnis profitieren wollen, müssen sie ihr Geld halt in die Schweiz verschieben.»
Unter diesen Vorzeichen fragt es sich, wie lange das Bankgeheimnis im Inland noch gelten wird. Denn: Ist es in Ordnung, dass Schweizer mit Geld im Inland gegenüber Schweizern mit Geld im Ausland bevorzugt werden? Dies sei eine rein politische Frage, heisst es beim federführenden Eidg. Finanzdepartement und bei den Kantonen. Man wolle das Bankgeheimnis im Inland nicht abschaffen.
Die SVP misstraut diesen Aussagen und sammelt im Moment Unterschriften für eine Initiative zur Erhaltung des Bankgeheimnisses. Die Linke wiederum fordert seit langem die vollständige Aufhebung des Bankgeheimnisses – auch im Inland.