Die französische Arzneimittelbehörde hat gestern durchgegriffen: Ein Medikament gegen Akne, das häufig als Antibabypille verschrieben wird, wurde aus dem Verkehr gezogen. Dies, nachdem vier Todesfälle mit dem Präparat in Verbindung gebracht werden. Der aktuelle Fall zeigt: Der Austausch von Informationen über Arzneimittel unter Behörden verschiedener Länder ist wichtig.
2009: Viel Zuversicht
Ein Blick zurück: «Höchste Priorität» habe der Abschluss einer Vereinbarung der Schweiz mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) erklärte der damalige Gesundheitsminister Didier Burkhalter an einer Medienkonferenz schon im November 2009. Der Bundesrat habe dem Schweizerischen Heilmittelinstitut Swissmedic ein Mandat erteilt, um mit der EMA verhandeln zu können. Die Chancen, jetzt eine Vereinbarung abschliessen zu können, seien gut, sagte Bundesrat Burkhalter damals.
Swissmedic-Direktor Jürg Schnetzer betonte damals die Vorteile einer Einigung mit Europa: «Diese werde uns die Möglichkeit geben, vertrauliche Daten auszutauschen.» Das sei sowohl im Rahmen der Zulassung als auch der Marktüberwachung von Arzneimitteln von grosser Bedeutung für die Schweiz. Denn Zulassungsverfahren von Medikamenten könnten so beschleunigt werden.
2013: Grosse Ernüchterung
Jetzt, drei Jahre später: Die Zuversicht ist der Ernüchterung gewichen. Zwar hat Swissmedic im Februar vor drei Jahren eine dringliche Vereinbarung mit der EMA abschliessen können, die sich auf den Informationsaustausch im Zusammenhang mit der Schweinegrippe H1N1 beschränkt. Sie wurde zweimal um ein weiteres Jahr verlängert.
Doch in wenigen Tagen, am 10. Februar, läuft sie nun definitiv aus. Das bestätigt Swissmedic-Direktor Jürg Schnetzer gegenüber der Sendung «Rendez-vous» von Radio SRF.
Andere Prioritäten
Die Vereinbarung könne man nicht mehr verlängern. Sie sei speziell auf H1N1 ausgerichtet gewesen und habe an Aktualität verloren. Auch die weitergehende Vereinbarung über den Informationsaustausch mit der Europäischen Arzneimittelagentur sei gescheitert. Die EU-Kommission habe Verhandlungen mit der Schweiz abgelehnt, erklärt der Swissmedic-Direktor. Da sei die hohe Politik dafür verantwortlich: «Auf der politischen Agenda gibt es andere Prioritäten.»
Damit gebe es weiterhin keine Basis für einen Austausch mit der EMA im Bereich Zulassung und Marktüberwachung von Arzneimitteln. Bei der laufenden Diskussion über die Gefährlichkeit der Antibabypille zum Beispiel sei dies ein Nachteil, so Schnetzer weiter. «Man kommt nicht an vertrauliche Informationen heran.» Auch beim Ausbrechen einer weltweiten Grippeepidemie, einer sogenannten Pandemie, könnte Swissmedic ohne Vereinbarung ins Hintertreffen geraten.
Abkommen mit einzelnen Staaten
Um den Anschluss nicht ganz zu verlieren, habe Swissmedic inzwischen mit Heilmittelbehörden einzelner EU-Staaten Vereinbarungen abgeschlossen, sagt Jürg Schnetzer. So mit dem deutschen Paul-Ehrlich Institut, das auf Viren spezialisiert sei. Oder mit dem Irish Medicines Board.
Bedauerlich findet diese Entwicklung der Verband der pharmazeutischen Firmen in der Schweiz, Interpharma. Generalsekretär Thomas Cueni kritisiert die Schweizer Behörden. «Ganz ehrlich glaube ich, dass man das verschlafen hat, indem man erst vor drei Jahren ein Verhandlungsmandat erteilt hat.» Es sei schade – auch für die EU, da die Schweizer Behörde ja zu den weltweit führenden gehöre.
(luek)