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Schweiz Heimunterricht – eine alte Tradition legt wieder leicht zu

Rund 500 Kinder werden in der Schweiz von Eltern oder Hauslehrern unterrichtet. Heimunterricht oder «Homeschooling» als Alternative zur Volksschule hat eine lange Tradition. Die Zahlen sind leicht steigend. Nur drei Kantone haben noch nie ein Gesuch für diese Art der Ausbildung bewilligt.

Familie im Homeschooling.
Legende: Wenn Vater oder Mutter den Lehrauftrag übernehmen, ist das «Homeschooling». Die Motive sind sehr verschieden. Keystone

Rund 500 Kinder werden in der Schweiz daheim unterrichtet. Die Zahl habe damit in den letzten Jahren zwar nur leicht zugenommen, die Tendenz sei aber klar steigend, sagt Willi Villiger, Präsident des Vereins Bildung zu Hause Schweiz.

Den Anfang machten christliche Gruppierungen, die ihre Kinder nicht auf die Volksschule schicken wollten. Heute sind die Beweggründe sehr unterschiedlich.

Elternrecht vor Staatsrecht

Villiger spricht von einer «heterogenen Bewegung». gerade die jüngere Generation habe keine religiösen Gründe, sondern einfach Mühe mit der öffentlichen Schule. Aber auch andere Vorstellungen, wie ein kinder- und jugendgerechter Unterricht aussehen soll.

Heimunterricht steht nach den Worten von Villiger in der gut-schweizerischen Tradition, Elternrecht über das Staatsrecht zu stellen. «Homeschooling» sei diesbezüglich seit Gründung des modernen Bundesstaates und der Einführung des obligatorischen Schulunterrichts immer eine Bildungsalternative gewesen und habe in verschiedenen Kantonsverfassungen ihre Spuren hinterlassen.

Romandie sehr liberal

So erlauben denn auch die meisten Kantone den Heimunterricht. Einzig das Tessin und die Kantone Ob- und Nidwalden haben bisher noch nie ein Gesuch bewilligt.

Sehr liberal ist hingegen die Romandie. So reicht in den meisten welschen Kantonen eine Meldung, eine Bewilligung braucht es nicht. Und die Eltern müssen auch kein Lehrerdiplom besitzen, wie das beispielsweise in Luzern, Zug und Zürich verlangt wird.

Bern verlangt seit 2008 engen Lehrerkontakt

Der Kanton Bern, wo vergleichsweise viele Kinder daheim unterrichtet werden, gehört ebenfalls zu den liberalen Kantonen. 2008 wurde die Regelung aber insofern strenger, als eine pädagogisch ausgebildete Person die Eltern anleiten muss. Beispielsweise ein Lehrer, der engen Kontakt mit der Familie habe, erklärt Erwin Sommer, Vorsteher des Amtes für Kindergarten und Volkschule. Regelmässig werde von den Behörden geprüft, ob der Schulstoff gut vermittelt wird.

Tests und Kontrollen für Ausserrhoder Kinder

Engmaschiger ist die Überprüfung in Appenzell-Ausserrhoden: Die Eltern werden mehrmals pro Jahr zu Kontrollgesprächen aufgeboten und müssen Berichte abliefern. Die Kinder machen standardisierte Leistungstests, wie ihre zur Schule gehenden Altersgenossen.

Die Regelungen für Heimunterricht sind damit von Kanton zu Kanton sehr verschieden. Das wird auch in naher Zukunft so bleiben. Zurzeit gibt es jedenfalls weder auf Kantons- noch Bundesebene Bestrebungen, diesen Bildungssektor zu verändern oder zu vereinheitlichen.

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