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Schweiz Hickhack um Fifa-Bericht: Ist Blatters Anzeige reine Taktik?

Ein Bericht zur WM-Vergabe an Russland 2018 und Katar 2022 spaltet die Fifa. Ging alles mit rechten Dingen zu? Fifa-Boss Sepp Blatter will mit einer Strafanzeige Licht ins Dunkel bringen. Kritiker wittern aber einen cleveren Schachzug – denn im kommenden Mai steht die Wahl zum Fifa-Präsidenten an.

Blatter mit dem Zettel «Qatar» in der Hand.
Legende: Will Sepp Blatter mit der Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft nur seinen Kopf aus der Schlinge ziehen? Keystone

Es herrscht Verwirrung beim Fussball-Weltverband Fifa. Der interne Untersuchungsbericht zur Vergabe der Fussball-WM an Russland 2018 und Katar 2022 zeigt offenbar Ungereimtheiten. Was genau vorgefallen ist, weiss man aber nicht. Verfasst hat den internen Bericht Fifa-Chefermittler Michael Garcia. Allerdings kann der Bericht laut Fifa-Präsident Sepp Blatter nicht öffentlich gemacht werden. Denn vermutlich werden darin Fifa-Funktionäre angeschwärzt, und sie könnten bei einer Veröffentlichung allfällige Beweise vernichten.

Vorteile durch Zeitverzögerung

Fifa-Präsident Sepp Blatter hat am Dienstag bei der Schweizer Bundesanwaltschaft Strafanzeige eingereicht – gegen unbekannt. In einem von der Fifa publizierten Interview sagt Blatter, die Ethik-Kommission der Fifa stosse bei ihrer Arbeit an die Grenzen. Als Gremium einer privaten Institution habe sie nicht die selben Möglichkeiten wie eine staatliche Strafverfolgung. «Der Vorsitzende der Ethik-Kommission – selber ein Richter – empfiehlt mir, dass wir uns nun an staatliche Autoritäten wenden sollen. Natürlich höre ich auf ihn.»

Dass die Fifa den geheimen Bericht jetzt an die Schweizer Strafverfolgungsbehörden übergeben hat, bestätigt Bundesanwalt Michael Lauber. Der einzig richtige Schritt, mögen die meisten denken. Für den ehemaligen Fifa-Funktionär und Blatter-Kritiker Guido Tognoni ist dieses Vorgehen jedoch ein geschickter Schachzug. In der Sendung «10vor10» sagt er: «Das ist ein hervorragender Befreiungsschlag.» Die Anzeige gebe Blatter genügend Zeit, alles zu regeln und sein Haus wieder in Ordnung zu bringen. Denn bei der Bundesanwaltschaft könnte die Angelegenheit Jahre oder Jahrzehnte dauern.

Urheber des Berichts kritisiert Zusammenfassung

Die Verlagerung des Problems hin zur Bundesanwaltschaft habe den Druck von der Fifa genommen, sagt Tognoni. «Blatter kann sagen, er habe alles Mögliche getan.» Damit schaffe er die Wiederwahl zum Fifa-Präsidenten im kommenden Mai locker.

Die Fifa widerspricht Tognonis Theorie. Fifa-Sprecher Walter de Gregorio sagt im Interview mit der Sendung «10vor10», die Strafanzeige sei genau das Gegenteil eines taktischen Spiels. Die Fifa hätte die Sache gerne so schnell als möglich vom Tisch. «So lange sie noch auf dem Tisch liegt, gibt es Spekulationen.» Das sei nicht gut für den Verband.

Damit geht das Hickhack um den dubiosen Fifa-Bericht in die nächste Runde. Angefangen hatte alles vergangene Woche: Die Fifa hatte am Donnerstag eine Zusammenfassung des 350-seitigen Berichts veröffentlicht. Darin hatte der Verband Russland und Katar sowie die sieben unterlegenen Kandidaten vom Vorwurf der Korruption freigesprochen. Der Urheber des Berichts, Michael Garcia kritisierte die Zusammenfassung als eine «unvollständige und fehlerhafte Darstellung von Fakten und Schlussfolgerungen» und legte Einspruch ein.

Veröffentlichung des Berichts unrealistisch

Vor vier Jahren hatte die Vergabe der Fussballweltmeisterschaften an Russland 2018 und an Katar 2022 für erstaunte Gesichter gesorgt – insbesondere die Wahl von Katar. Das ölreiche Emirat ist weder ein Schwergewicht in der Sportart, noch ist es mit Temperaturen von weit über 40 Grad für ein Turnier im Sommer geeignet. Aufgrund der wachsenden öffentlichen Kritik beauftragte die Fifa im Jahr 2012 Garcia mit einer Untersuchung zu den Vorwürfen, es könne zu Korruption und Absprachen gekommen sein.

Inzwischen hat Sepp Blatter angekündigt, dass er trotz seiner Bedenken bereit wäre, den geheimen Bericht ganz zu veröffentlichen. Allerdings wäre dazu die Zustimmung der darin erwähnten Personen nötig – was eher unrealistisch ist.

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