Vor 200 Jahren befreite das Bauwerk die Gegend an der Linth zwischen Walensee und Zürichsee von Sumpf und Seuchen. Dann wurden die Dämme alt und mussten saniert werden. Zum Teil sollte die Linth wieder ihren alten Flusslauf zurückerhalten. Doch bis zur Eröffnung vor einem Jahr war es ein langer Kampf, wie sich bei einer Besichtigung mit Robert Burlet zeigt. Der kleine Mann mit den wachen Augen kontrolliert seit über 30 Jahren den Flusslauf zwischen Walensee und Zürichsee. Ihm entgeht kaum etwas. Auch nicht die Dachsbauten, nach denen sich Ingenieur Markus Jud gerade auf der Kontrollfahrt erkundigt. Denn die Dachsbauten sind eine Gefahr. Sie könnten den Damm instabil machen. Langsam fährt Linthaufseher Burlet den Damm ab. Auf eine Länge von ungefähr 50 Metern befinden sich die Dachsbauten.
Hochwasser 1999 und 2005
Etwas weiter unten hat das Wasser einen Teil der Dammmauer aus groben Steinblöcken unterspült. Sie bröckelt. Auch das wird Robert Burlet weitermelden. Der Mann ist ständig unterwegs, damit man im Linthgebiet verschont bleibt vor einer Überschwemmung.
Nur zu gut kennen alle die bangen Momente, 2005 letztmals, und zuvor 1999. Da herrschte Katastrophenalarm am Auffahrtsdonnerstag und die akute Gefahr, dass der Damm brechen könnte. Unermüdlich standen Einsatzkräfte im Einsatz. Bauern mussten sich und ihr Vieh in Sicherheit bringen. Die Dämme haben damals knapp gehalten.
Widerstand wurde kleiner
Hochwasser wie dieses führten zum Meinungsumschwung. Der Widerstand vieler Bewohner gegen das heissdiskutierte Sanierungsprojekt des 200-jährigen Kanals schwand. Doch vor allem den Bauern wollte nicht in den Kopf, das sie ihr Wiesland für die Verbreiterung der Linth opfern sollten. Die Kulturschützer wollten das Erbe des Dammbauers, des Wasserbauingenieur Hans Conrad Escher, retten. Ein Hochwasser rüttle die Menschen zwar auf. Aber nur kurz, bedauert Jud, auf dessen Schultern sich der Zorn der Gegner immer wieder ablädt: «Man muss bedenken, dass es auch schnell wieder vergessen wird. Etwas zu entwickeln, das dauert Jahre.»
200 Jahre lang bestens funktioniert
Doch ein Jahr nach der feierlichen Eröffnung vermag Marianne Steiner in ihrem Treuhandbüro in Kaltbrunn dem sanierten Linthkanal noch immer nichts Gutes abzugewinnen. Die streitbare SVP-Kantonsrätin engagierte sich vehement und bis vor Bundesgericht - aber erfolglos gegen das Projekt. «Man hätte es belassen sollen. Es war ein hervorragendes Werk von Konrad Escher. Innert Kürze war das Wasser vom Walensee im Zürichsee.»
Bauer Ruedi Seliner steht am Rand des Hänggelgiessens, dem prachtvollen Herzstück der renaturierten Linth. Hier sind der Linth Seitenarme gewachsen, Inselchen wurden angelegt. Seliner vermag der Schönheit des neuen Naturschutzgebietes wenig Gutes abzugewinnen. «Für uns von der Landwirtschaft ist das ein Blödsinn, solches Wiesenland herzugeben», sagt er.
Würde das neue Linthwerk funktionieren?
Dann zeigt Landwirt Seliner zu dem mächtigen Eisenschieber, mit dem die Ebene im Notfall künstlich geflutet wird. Er traut der Sache nicht so recht: «Mich würde es interessieren, wie es wäre, wenn der Schieber mal geöffnet würde.» Er würde niemandem etwas Schlechtes gönnen, aber er sei überzeugt, dass sich die Leute täuschten, sagt er.
Das schätzen die Hydrologen und Geologen des Linthwerks anders ein. Doch die Bewährungsprobe steht noch aus. Noch hat kein Hochwasser das neue Linthwerk geprüft.