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Schweiz Homosexuelle Männer sollen Blut spenden dürfen

Homosexuelle Männer dürfen in der Schweiz bisher kein Blut spenden. Das soll sich ändern – allerdings nur für jene, die vor der Spende sexuell abstinent waren. Die Organisation Blutspende SRK Schweiz will bei der Aufsichtsbehörde Swissmedic einen entsprechenden Antrag stellen.

Ab 2017 sollen auch Männer, die jemals Sex mit Männern gehabt haben, Blut spenden dürfen, schreibt Blutspende SRK Schweiz. Voraussetzung für die Zulassung zur Spende ist allerdings eine sexuelle Abstinenz von zwölf Monaten.

Kein grundsätzlicher Ausschluss mehr

Heute dürfen Männer wegen der Gefahr einer Übertragung von Krankheiten kein Blut spenden, wenn sie nach 1977 jemals Sex mit einem Mann gehabt haben. Homosexuelle empfinden diese Regelung als diskriminierend. Sie würden pauschal als Sicherheitsrisiko angesehen, machte die Schwulenorganisation Pink Cross geltend.

Blutspende SRK Schweiz will Schwule künftig nun nicht mehr grundsätzlich vom Spenden ausschliessen. Alle Spendewilligen sollen demnach zu ihrem sexuellen Verhalten befragt werden. Aufgrund des konkreten Risikoverhaltens sollen sie zugelassen werden oder nicht, ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung. Ausschlüsse gäbe es zwar noch, aber meistens nur noch temporär.

«Bloss ein erster Schritt»

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Die Schwulen-Organisation Pink Cross spricht von «einem ersten, wichtigen Schritt». Seit Jahren fordere sein Verband die Zulassung Homosexueller zur Blutspende, sagt Geschäftsführer Bastian Baumann. Ziel müsse sein, dass nur noch das sexuelle Verhalten zähle, nicht die sexuelle Orientierung. «Es spricht schlicht nichts mehr dagegen», so Baumann.

Umsetzen lasse sich diese Praxis jedoch frühestens ab 2018, heisst es vom SRK. Die Erarbeitung der Zulassungskriterien sei komplex, so müssten auch die zuständigen Behörden, also Swissmedic, den Plänen noch zustimmen.

Pink Cross begrüsst das Vorgehen von Blutspende SRK. Swissmedic müsse nun diese diskriminierende und unnötige Hürde für Männer, die mit Männern Sex hätten, abbauen, teilt der Dachverband der Schwulen mit.

Das Restrisiko für Patienten bleibt

Obwohl Spenderblut auf Krankheiten wie HIV oder Hepatitis getestet wird, bleibt für Patienten ein Restrisiko, über Bluttransfusionen mit einer dieser Krankheiten angesteckt zu werden. Grund ist das diagnostische Fenster: In den Tests lassen sich manche Krankheiten erst mehrere Tage nach der Ansteckung im Blut nachweisen.

Diese diagnostischen Fenster sind dank moderner Tests zwar kleiner geworden, aber es gibt sie nach wie vor: Bei HIV ist der Zeitraum bis zu sieben Tage lang. Bei Hepatitis B sind es 20 Tage und bei Hepatitis C ungefähr fünf Tage.

Vorübergehende Lösung

Trotzdem will das SRK vorerst nur homosexuelle Spender zulassen, die angeben, in den vergangenen zwölf Monaten keinen Sex gehabt zu haben. «Wir wollen nur jene Spender zulassen, welche für den Patienten kein Risiko bedeuten», sagt dazu der Direktor des SRK-Blutspendedienstes, Rudolf Schwabe.

Für ihn ist die nun vorgeschlagene Lösung allerdings nur eine vorübergehende: «Wir streben mittelfristig eine rein risikobasierte Lösung an, die zwischen heterosexuellen und homosexuellen Personen keinen Unterschied mehr macht». Mit der Lockerung würde die Schweiz mit Staaten wie den USA, Frankreich, Japan, den Niederlanden, Australien oder Grossbritannien gleichziehen.

Blutstammzellspende demnächst möglich

Eine solche rein risikobasierte Lösung gilt ab sofort bei der Blutstammzellenspende, früher Knochenmarkspende genannt: Hetero- und Homosexuelle werden dabei allein auf Grund ihres persönlichen Sexualverhaltens einer von vier Risikogruppen zugeordnet. Nach Sex von Männern mit Männern werde gar nicht mehr gefragt, hält Blutspende SRK Schweiz fest.

Dass Schwule ab sofort zur Blutstammzellspende zugelassen werden, liegt in erster Linie daran, dass Blutspende SRK Schweiz die Ausschlusskriterien hier im Gegensatz zur normalen Blutspende aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen in eigener Kompetenz festlegen kann.

Zudem werden die Knochenmark-Spender viel intensiver und über einen wesentlich längeren Zeitraum eng medizinisch betreut als Blutspender. «Es besteht über Monate hinweg die Möglichkeit, immer wieder Tests durchzuführen», so SRK-Blutspendedirektor Schwabe. «Wir können das Sicherheitsniveau hier – im Vergleich zur normalen Blutspende – als höher bezeichnen.»

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