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Eine Muslima mit einem schwarzen Kopftuch, das nur ihre Augen frei gibt.
Legende: Es gibt in Genf und anderen Kantonen kein behördliches Hilfsangebot für Fragen zu Muslimen (Symbolbild). Reuters

Schweiz «Ich habe meine Tochter verloren»

Eine junge Frau konvertiert über Nacht zum Islam und lebt diesen erzkonservativ aus. Das sei wie eine Sekte, sagen die Eltern. Sie suchen Rat bei einer Genfer Stiftung von Muslimen, die sich gegen die Radikalisierung einsetzt. Diese berät die Eltern und versucht zu vermitteln.

Die Hauptperson ist abwesend. Nur ihre Eltern sind zum Beratungsgespräch gekommen und bitten dringend, dass die Familie nicht erkannt wird. Nennen wir sie Favre, sagen bloss, dass sie im Grossraum Genf lebt. Die Eltern sind gebildet, sie ist in der Lebensmittelbranche, er in der Verwaltung tätig.

Ihre 25-jährige Tochter hatten sie zur Unabhängigkeit erzogen – und jetzt das: «Ich habe meine Tochter verloren», klagt die Mutter. Plötzlich benehme sich die junge Frau wie eine kleine Soldatin, befolge Kommandos, trage ein Kopftuch, ohne zu verstehen warum. Die Mutter ist verzeifelt.

In eine Krise geraten

Die Eltern sitzen an einem Besprechungsstisch im Lokal der Stiftung «de l'entre-connaissance». Hafid Ouardiri ist Direktor der Stiftung; ein Alt-68er und einstiger Sprecher der Genfer Moschee, landesweit bekannt wegen seiner Klage gegen das Minarettverbot. In Genf ist Ouardiri der erste Name, der genannt wird, wenn man fragt, wer hilft, wenn sich jemand radikalisiert. Polizisten, Sozialbehörden, Schulen – alle suchen sie seinen Rat.

So wie die Favres. Die Mutter erzählt, ihre erwachsene Tochter sei in eine Krise gestürzt, als ihr Mann sich scheiden liess. Die Tochter wollte die Eltern nicht beunruhigen, ihre Probleme selbst lösen. Dann lernte sie einen ebenfalls geschiedenen Mann kennen, einen Marokkaner. Sie verliebte sich, vor drei Wochen konvertierte sie zum Islam.

Ouardiri will kein Verhör

Hafid Ouardiri hört zu, fragt nach: Wer ist dieser Marokkaner? Wie heisst er? Welcher Imam war bei der Konversion beteiligt? Und vor allem: Können die Eltern noch mit ihrer Tochter reden? «Lassen sie das Gespräch nicht abreissen», rät er eindringlich. «Geben sie ihr nicht das Gefühl, sie sollte zurückbekehrt werden, sonst entwurzeln sie ihre Tochter noch weiter.»

Lassen Sie das Gespräch nicht abreissen.
Autor: Hafik Ouardiri Direktor der Stiftung «de l'entre-connaissance»

Und dann beruhigt er die beiden, erklärt ihnen, für wie wertlos er als Muslim solche Instant-Bekehrungen hält. Der Islam beruhe auf der freien Wahl, nicht auf blinder Gefolgschaft, sagt Ouardiri. Wichtig sei jetzt, dass sich alle an einen Tisch setzten; die Eltern, ihre Tochter und auch deren Freund.

Der Vater sorgt sich: Der Freund wolle nicht, behaupte, es gebe nichts zu besprechen. Hafid Ouardiri beruhigt: Wenn nötig gehe er einfach zum Imam des Mannes und sage diesem, dass sie reden müssten. Das werde schon. Und dann?

Wie sieht so ein Gespräch aus? Wichtig sei, dass die Jungen nicht den Eindruck hätten, sie würden verhört. Er nenne das Zuhör-Treffen. Wenn er aufmerksam zuhöre, dann bekomme er im Gespräch den Schlüssel, um einen Zugang zu den Menschen zu finden. Das brauche Zeit und er könne den Prozess nur anstossen.

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