Das Obergericht des Kantons Uri hat den ehemaligen Barbetreiber Ignaz Walker vom Vorwurf freigesprochen, 2010 einen Mörder auf seine Frau angesetzt zu haben.
Einen abgeschwächten Schuldspruch gab es beim Vorwurf, dass er einen Schuss auf einen Gast abgegeben haben soll. Das Gericht reduzierte die Strafe von 15 Jahren auf 2 Jahre und 4 Monate, wie der Vorsitzende des Obergerichts in Altdorf verkündete.
In dubio pro reo: Walker muss nicht ins Gefängnis
Da der Beschuldigte bereits über vier Jahre in Untersuchungs- und Sicherungshaft war, hat er die Freiheitsstrafe bereits abgesessen. Er muss somit trotz der Verurteilung nicht mehr ins Gefängnis. Über eine Entschädigung für die Überhaft wird in einem separaten Verfahren entschieden. «Ich bin erfreut und erleichtert», verkündete Walker nach dem Urteil.
Den Freispruch im Falle des angeblichen Auftragsmordes begründete das Gericht damit, dass die Motive und Indizien nicht mehr derart zwingend seien, dass nicht auch eine andere Tatvariante möglich sei, sagte der Vorsitzende des Obergerichtes. Der Beschuldigte sei deswegen aus Mangel an Beweisen freizusprechen.
Das Gericht geht aber davon aus, dass der Beschuldigte einen Schuss auf einen Gast abgegeben hat. Weil der Hauptbelastungszeuge nicht mehr vom Gericht befragt werden konnte, wurde der Barbesitzer aber nur noch der Gefährdung des Lebens und nicht mehr der versuchten Tötung schuldig befunden. Dazu kommen Waffendelikte.
Verlierer des Prozesses sei zweifellos die Staatsanwaltschaft, sagt SRF-Korrespondent Raphael Prinz. «Die Summe der Ungereimtheiten hinterlässt einen schalen Nachgeschmack.» Das sei mitunter auch einer der Gründe für den Freispruch. Eine politische Aufarbeitung im Fall Walker sei daher nicht ausgeschlossen.
Bereits zum vierten Mal eine Sache des Gerichts
Ignaz Walker wurde 2013 vom Urner Obergericht zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er 2010 auf einen Gast geschossen und ein Jahr später einen Auftragsmörder auf seine damalige Gattin angesetzt haben soll. Die Frau wurde durch eine abgefeuerte Kugel schwer verletzt. Der Gast blieb hingegen unverletzt.
Nun schon zum vierten Mal hat sich ein Gericht mit den umfangreichen Akten des Falles Walker beschäftigt. Wegen Ungereimtheiten zogen der Verurteilte und sein Verteidiger den zweitinstanzlichen Entscheid des Urner Obergerichts weiter vor Bundesgericht. Dieses hiess die Beschwerde teilweise gut und hob das Urteil auf, so dass im Oktober 2015 der Prozess vor Obergericht mit neuen Akten nochmals gestartet wurde.
Walker wurde im vergangenen September, kurz vor Beginn des laufenden Prozesses, nach über viereinhalb Jahren aus der Sicherheitshaft entlassen. Von einem Triumph wollte der ehemalige Barbetreiber aber nichts wissen. «In diesem Verfahren gibt es nur Verlierer», sagte Walker.
Umstrittene Zeugenaussage
Im Zentrum der jüngsten Verhandlungen stand der Gast Johannes Peeters, auf den der Barbetreiber geschossen haben soll. Der 2015 verstorbene Drogenhändler wurde, obwohl er ein Hauptbelastungszeuge war, vor Gericht nie befragt. Diesen Umstand hatte auch das Bundesgericht kritisiert.
Gemäss der Verteidigung hatten die Behörden den Zeugen als Drogenhändler geschont und dessen Auftreten vor Gericht verhindert. Der beschuldigte Barbetreiber sagte dazu in seinem Schlusswort, der Mann hätte ihn entlastet und zugleich wahrscheinlich andere belastet. Der Belastungszeuge sei in Tat und Wahrheit ein Entlastungszeuge gewesen. Der Angeklagte sieht sich entsprechend als Behördenopfer und beteuert weiterhin seine Unschuld. So liess Walker denn auch verlauten, dass er eigentlich mit einem vollständigen Freispruch gerechnet hätte.
Verteidiger spricht von Vorverurteilung
Verteidiger Linus Jaeggi kritisierte die Staatsanwaltschaft wie schon in den früheren Verhandlungen hart. Der Barbetreiber sei von Anfang an öffentlich vorverurteilt worden.
Man habe sich so an die Schuld des Angeklagten gewöhnt, dass man nicht mehr sehe, wie wacklig das Indiziengebäude sei, sagte Jaeggi. «Juristisch gesehen hätte es ohne Wenn und Aber einen Freispruch geben müssen.» Ob das Urteil angefochten wird, liess Jaeggi noch offen. Dies entscheide letzten Endes der Klient. Doch der Anwalt liess durchblicken: «Wenn etwas derart falsch ist, muss man sich dagegen wehren.»
Oberstaatsanwalt Thomas Imholz hielt an einer Verurteilung fest. Die bloss abstrakten Beweise der Verteidigung reichten nicht für einen Freispruch. Auch wies Imholz die Anschuldigungen der Verteidigung zurück. Die Staatsanwaltschaft spinne keine Intrigen, um einen Menschen zu Unrecht hinter Gitter zu bringen.
Die Reduktion des Strafmasses sei für ihn jedoch nicht nachvollziehbar. Ob er das Verfahren weiterziehen werde, will der Oberstaatsanwalt nach einer eingehenden Analyse des Urteils entscheiden.