Durch den Wald streifen und Pilze sammeln, das ist in der Schweiz fast ein Volkssport. Schätzungsweise 450 Tonnen essbare Pilze landen Jahr für Jahr in den Sammelkörben. Wie verbreitet dieses Hobby ist, zeigte sich neulich auch im Zürcher Kantonsrat, als es darum ging, die Schonzeit vom 1. bis zum 10. jedes Monats zu streichen. Befürworter und Gegner outeten sich reihenweise als Pilzsammler.
Feldforschung über 30 Jahre
Ein paar Kilometer weg von Zürich, hinter dem Uetliberg an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald- Schnee und Landschaft in Birmensdorf, wird das Wachstum der Pilze wissenschaftlich erforscht. In einem Treibhaus vor einer Pilzkultur steht Beatrice Senn. Die erfahrene Biologin und Pilzforscherin ist Präsidentin der Fachkommission zur Erhaltung der Pilze und war am 30-jährigen Feldversuch in einem Mischwald in der Westschweiz beteiligt.
Die Ausgangsfrage war, ob Pilze sammeln den Pilzen schade. Die Antwort ist klar: «In diesen dreissig Jahren Forschung hat man herausgefunden, dass das Sammeln an sich keinen Einfluss hat. Die Anzahl Pilzarten und die Anzahl der Fruchtkörper ist nicht zurückgegangen», sagt Senn.
Dazu kommt, dass die meisten Speisepilze nicht auf der roten Liste der gefährdeten Arten stehen: «Die gut kenntlichen Speisepilze sind allgemein häufig und wenn die Witterung stimmt, kommen sie reichlich vor.»
Ausserkantonale Pilz-Touristen
Seit die WSL-Forscher diese Erkenntnisse vor zwei Jahren in einem Merkblatt veröffentlicht haben, haben die Pilzsammler in den verschiedensten Kantonen Druck gemacht, zum Teil mit Erfolg. Im Kanton Schwyz und im Kanton Bern wurden daraufhin die Schonzeiten abgeschafft. Andere Kantone hatten das schon früher getan.
Heute kennen nur noch fünf Kantone solche Schonzeiten, zum Beispiel die Bergkantone Glarus und Graubünden. Dort sind Pilz-Touristen, die mit ihren Autos in die Wälder fahren, nicht immer gerne gesehen.
Boden betreten schadet den Pilzen
Ein wissenschaftliches Argument können allerdings auch die Verteidiger der Schonzeiten anführen: Die Forscher haben nämlich ebenfalls nachgewiesen, dass je häufiger Leute auf dem Waldboden herumgehen, desto weniger Pilze wachsen.
Unter dem Strich, so Pilzforscherin Senn, seien die Schontage darum heute eine politische Frage: «Die Kantone können sich nicht mehr hinter rein wissenschaftlichen Argumenten verstecken.»
Das Zürcher Kantonsparlament hat diese politische Pilz-Frage nun beantwortet. In spätestens zwei Jahren muss die Zürcher Regierung lockerere Sammelvorschriften ausgearbeitet haben.