In den USA hat ein Mitglied des Hacker-Kollektivs Anonymous das Recht in die eigenen Hände genommen. Es hat den Namen des Polizisten veröffentlicht , der in Missouri (USA) einen unbewaffneten Jugendlichen erschossen hat. Doch der Name ist falsch, wie sich herausstellte. Der betreffende Mann arbeitet nicht einmal für die Polizei in Ferguson. Andere Anonymous-Mitglieder distanzierten sich nach der Publikation vom betreffenden Hacker.
Seit Anonymous 2010 mit der Aktion «Payback» (siehe Box) einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, haben sich dessen Mitglieder immer wieder gegen Behörden oder mächtige Organisationen wie die FIFA gestellt. So haben Mitglieder des Netzwerks geholfen, in einem Vergewaltigungsfall in Ohio die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen. In einem anderen Fall haben sie den Namen eines Polizisten veröffentlicht, der friedlichen Demonstranten in New York Pfefferspray in die Augen gesprüht hatte.
Internet-Pranger in den USA verbreitet
Die Taktik des «Naming and Shaming» – das Veröffentlichen und Anprangern von Personen – ist in den USA relativ verbreitet, wie Cyber-Experte Sandro Gaycken von der Freien Universität Berlin sagt: «Es ist zu erwarten, dass Anonymous auch in Zukunft auf diese Strategie zurückgreift.»
Doch obwohl bei Anonymous auch viele Europäer dabei sind, glaubt Gaycken, dass ein öffentlicher Aufruf zur Jagd auf Polizisten auf taube Ohren stossen würde. «In Europa gewichten wir die Rechte des Individuums viel stärker als in Amerika.»
Allerdings haben Privatpersonen in der Schweiz die Taktik des Online-Prangers bereits angewandt – zum Beispiel, als sie Bilder und Namen von Polizisten ins Internet stellten, die 2011 in Zürich gegen Krawallmacher vorgingen.
Täter sind schwierig auszumachen
Laut Silvia Böhlen vom Büro des eidgenössischen Datenschützers nimmt der anonyme Internet-Pranger in der Schweiz tendenziell zu. «Das hat auch damit zu tun, dass es sehr einfach geworden ist, solche Daten zu veröffentlichen.»
Dahinter steckten teils Privatpersonen, die sich beispielsweise von einer Behörde ungerecht behandelt fühlten und deshalb entsprechende Personen an den Pranger stellten. Zum Teil seien es aber auch Aktivisten und andere Gruppen, die damit politische Zwecke verfolgten.
Wer wie die Zürcher Polizisten ungerechtfertigt an den Internet-Pranger gestellt wird, hat die Möglichkeit, gegen den Täter zu klagen. «Allerdings ist das schwierig bis unmöglich, wenn der Täter nicht ausfindig gemacht werden kann, weil sich der Server beispielsweise irgendwo im Ausland befindet», sagt Silvia Böhlen. «Und selbst wenn das Opfer jemanden im Verdacht hat, muss es beweisen können, dass tatsächlich diese Person der Täter ist.»