Der jurassische Finanzdirektor Charles Juillard wirbt um die Gunst der Steuerhinterzieher. Er ruft sogar Steuersünder aus anderen Kantonen dazu auf, in den Jura zu kommen. «Kommen Sie in den Kanton Jura, um sich amnestieren zu lassen. Das bringt uns Geld. Das ist ein Appell!», sagte er im Westschweizer Radio.
Es bliebe noch ein Jahr Zeit, um von diesem vereinfachten Verfahren zu profitieren. Er ist kaum zu bremsen in seinem Enthusiasmus: «Zögern Sie nicht, kommen Sie!»
Die Steuerbeichte wird im Kanton Jura leicht gemacht. Es gibt eine Anleitung für Steueramnestie, ganz einfach herunterzuladen von der Homepage des Kantons. Auf einem Formular kann man die hinterzogenen Steuern der letzten zehn Jahre angeben.
Tatsächlich verrechnet wird nur ein Jahr; jenes mit dem höchsten Betrag. Das alles, ohne anzugeben, woher das Geld kommt, noch warum man es hinterzogen hat.
Amnestieprogramm für Kanton Jura ein Erfolg
Juillard ist zufrieden mit der Ausbeute. Bisher wurden knapp 200 Millionen Franken nachdeklariert. Er ist zuversichtlich, dass bis zum Ablauf des Amnestieprogrammes Ende Jahr insgesamt 300 Millionen Franken zusammenkommen. So werden zwischen 20 und 25 Millionen in die Kantons- und Gemeindekassen fliessen. Darunter ist auch Geld von Steuersündern, die für die Amnestie extra in den Jura gezogen sind.
Es gebe zwar «leider» keinen Ansturm auf den Jura, sagt der Finanzdirektor. Doch hätten sich einige Steuerhinterzieher im Kanton niedergelassen, um sich dort amnestieren zu lassen. Wie viele es sind, sagt er nicht. Die Zahl dürfte im tiefen zweistelligen Bereich sein.
Lücke im System für Steuerwettbewerb genutzt
Für den Steuerrechtsexperten Robert Waldburger eine fragwürdige Praxis. Seiner Meinung nach kann zum Beispiel ein Berner sein verstecktes Geld nicht so einfach im Jura amnestieren lassen. «Wenn er in den Kanton Jura zieht, wird er ab dem Zeitpunkt seines Wohnsitzwechsels dort steuerpflichtig. Aber die Steuern hat er im Kanton Bern hinterzogen, und dann muss er im Kanton Bern eine Selbstanzeige machen.»
Auch Peter Hegglin, Präsident der Kantonalen Finanzdirektoren, heisst diese Art von Steuerwettbewerb nicht gut: «Wobei wir da sehr zurückhaltend sind in der Beurteilung oder Verurteilung einer kantonalen Regelung. Jeder Kanton ist für sich verantwortlich. Wenn es innerhalb von Verfassung und Gesetz ist, nehmen wir dazu nicht Stellung.»
Der Finanzdirektorenkonferenz sind die Hände gebunden. Die Jurassier scheinen eine Lücke im Steuersystem gefunden zu haben, die sie etwas schlitzohrig ausnutzen.