SRF: Ist Kampfsport für die teilweise schweren Verletzungen bei Schlägereien unter Jugendlichen mitverantwortlich?
Erik Golowin: Kampfsport ist vergleichbar mit einer Waffe. Und wenn man jemandem quasi ein Instrument in die Hand gibt, welches eine gewisse Macht verleiht, dann muss man sich Gedanken über die Sicherheit und mögliche Kontrollmechanismen machen. Bis anhin hat man die Entwicklung mehrheitlich dem Zufall überlassen.
Was heisst das für Sie als Kampfsporttrainer?
Für mich sind letztlich die Qualität des Unterrichts und des Trainers entscheidend. Wir haben die Mittel, wie wir den Trainingsprozess gestalten wollen. Welche Werte und Techniken werden vermittelt – so dass man bei starken emotionalen Erregungen beispielsweise mit Atemübungen intervenieren kann. Das ist eine Frage der Ausbildung.
Also können auch emotional labile Jugendliche Kampfsport ausüben, ohne dass sich die Gewalt negativ auswirkt?
Emotional labile Jugendliche werden nicht lange Kampfkunst trainieren. Das ist viel zu hart und wird ihnen verleiden. Beim Kampfsport sind Disziplin und Durchhaltevermögen gefragt, das sind meist nicht die Qualitäten von labilen Jugendlichen. Umgekehrt kann man genau diese Werte einem labilen Jugendlichen vermitteln – sofern die Trainingsmethode so ausgerichtet wird.
Inwieweit hat denn Kampfsport mit der Gewalt auf der Strasse zu tun?
Wenn man von der Philosophie ausgeht, also von der Kampfkunst, wie sie in Asien praktiziert wird, dann hat dies gar nichts mit Strassenkampf zu tun. Kampfsport kann sogar pädagogisch sehr sinnvoll sein. Jedoch erlernen nicht alle Jugendlichen ihre Fähigkeiten in anerkannten Kampfsportkellern bei qualifizierten Trainern. Da besteht ein Wildwuchs, welchen man sicher ordnen sollte.
Das Gespräch führte SRF-Redaktor This Wachter.