Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann erntete in der rund dreistündigen Eintretensdebatte reichlich Lob für seine Agrarreform, die das Direktzahlungssystem neu ordnen soll. «Die Vorlage stellt eine gute Ausgangslage dar für die Landwirtschaft der Zukunft», sagte unter anderen Stefan Engler (CVP/GR).
1000 Franken pro Person und Jahr
Trotzdem: Es gab auch Kritik an der Vorlage des Bundesrats. Anita Fetz (SP/BS) betonte vor allem, dass viel Geld, das offiziell für die Landwirtschaft ausgegeben wird, gar nicht bei den Landwirten ankommt. Insgesamt würden die Schweizer Steuerzahler nicht nur die vom Bund ausgerichteten 3,7 Milliarden Franken pro Jahr bezahlen – mit den Lebensmittelpreisen, die um ein Drittel höher seien als im angrenzenden Ausland, würde dieser Betrag auf 8 Milliarden Franken pro Jahr ansteigen. «Das sind pro Person und Jahr 1000 Franken, welche Herr und Frau Schweizer an die Landwirtschaft bezahlen.»
Ständerat Pankraz Freitag (FDP/GL) hoffte vor allem, dass die Landwirte innovativ und nachhaltig produzieren – und so die höheren Preise für ihre Produkte rechtfertigen. Schliesslich würden die Bauern seit Jahren mit dem gleichen Betrag des Bundes unterstützt – obwohl die Anzahl Betriebe und Beschäftigte jährlich um 2 Prozent abnehme.
Der Bund solle – solange es der Wirtschaft gut gehe – diese Beiträge zahlen, so Freitag. Doch die Landwirtschaft müsse sich weiterentwickeln und öffnen. Deshalb schlug er vor, einen Innovationspreis für die Landwirtschaft ins Leben zu rufen. «Die Innovation erhält dann jedes Jahr ein Gesicht.» Erste Gespräche diesbezüglich seien bereits positiv verlaufen.
Appell an die Bevölkerung
Isidor Baumann (CVP/UR) wünscht sich, dass möglichst viel des Agrarbudgets letztlich bei den Bauernfamilien ankommt. Bundesrat Johann Schneider-Ammann habe in der Kommission gesagt, man wolle die Effizienz steigern. Baumann fragt, wie dies möglich sei mit immer weniger Land, mit einer stärkeren Ökologie und einer exzessiveren Produktion. «Es kann nicht sein, dass man mit weniger Land den Selbstversorgungsgrad von 60 Prozent bei wachsender Bevölkerung sicherstellen will.»
Deshalb richtet Karin Keller-Sutter (FDP/SG) ihren Appell an die Bevölkerung. Nur noch 16 Rappen pro Konsumentenfranken würden zu den Bauern gehen. «Wir sollten uns nicht nur emotional mit den Bauernfamilien verbunden fühlen, sondern auch an sie denken, wenn wir einkaufen gehen.»
SVP-Ständerat Peter Föhn (SZ) kritisierte weiter eine mangelnde Ausrichtung der Agrarpolitik auf die produzierende Landwirtschaft. Durch Detailanpassungen wollen die bauernnahen Kreise dies korrigieren: Beispielsweise sollen mehr pauschale Versorgungssicherheitsbeiträge ausgerichtet werden anstelle von Übergangsbeiträgen, mit denen der Bundesrat die Auswirkungen des neuen Systems abfedern will.
Der Thurgauer SVP-Ständerat Roland Eberle machte sich vor allem Sorgen um die Produktion von Nahrungsmitteln. Man dränge die Landwirtschaft in eine Richtung der reinen Landschaftspflege. Damit Landwirte es lohnenswert finden, ihren Alltag weiter zu leben, müsse man die richtigen Anreize finden, so Eberle. «Bauern wollen respektiert werden als KMU und sie wollen eine produzierende Landwirtschaft.»
Fortsetzung kommenden Mittwoch
In der Eintretensdebatte wurde deutlich, dass der markanteste Reformvorschlag der Vorlage auch der umstrittenste ist: die Abschaffung der Tierbeiträge. Heute kriegen Landwirte mehr Zahlungen, je mehr Tiere sie halten. Weil dies zu Überproduktion führen kann, will die Regierung davon abrücken.
Der Nationalrat hatte die Abschaffung gutgeheissen. Die vorberatende Kommission des Ständerats will die Beiträge aber beibehalten. Die Abschaffung wäre ein gewaltiger Eingriff in das bewährte System, sagte Ivo Bischofberger (CVP/AI).
Im Ständerat lag kein Antrag auf Rückweisung der Agrarpolitik 2014-2017 vor – im Gegensatz zur Debatte im Nationalrat in der Herbstsession, bei der die SVP das Paket zurückweisen wollte. Ein Entscheid zum Kernstück der Agrarpolitik 2014-2017 steht noch aus. Die kleine Kammer beugt sich am kommenden Mittwoch über die zentralen Fragen im Monsterdossier.