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Schweiz Kreativ gegen den Frankenschock

Die Aufhebung der Frankenbindung an den Euro vor einem Jahr hat Ferien in der Schweiz noch teurer gemacht. Das geht vor allem zulasten der Hoteliers im Grenzgebiet. Doch des einen Leid ist des anderen Freud.

Touristen in der Schweiz müssen nach der Frankenaufwertung seit vergangenem Jahr tiefer in die Tasche greifen, wenn sie aus dem Euroraum einreisen.

Proaktiv handeln

In der ganzen Schweiz? Nein. Der kleine Walliser Ort Grächen bietet Feriengästen Preise zum Wechselkurs von 1,30 Schweizer Franken je Euro - fast wie in alten Zeiten. Mit einem Euro zu einem günstigeren Frankenkurs konnten Touristen in Grächen schon vor der deutlichen Aufwertung vor exakt einem Jahr rechnen.

Denn bereits 2011 rechneten Wirte, Bergbahnen und Hoteliers mit einem moderateren Kurs als von der Zentralbank vorgegeben. Nicht dauerhaft, also nur zu bestimmten Zeiten, aber immerhin. «Wir wollten proaktiv handeln», sagt Marketingleiterin Beatrice Meichtry.

Und das zeigt offenbar Wirkung: 2015 verbuchten nicht nur die Bergbahnen ein deutliches Plus. Auch die Zahl der Übernachtungsgäste aus Deutschland legte zu. Die Aktion wird in diesem Winter fortgeführt.

Einfallsreich in Arosa und Saas-Fee

Auch andere Ferienorte haben sich etwas einfallen lassen. Die Skiorte Arosa und Saas-Fee machten in einer gemeinsamen Kampagne auf kostenlose Zusatzangebote aufmerksam. Vor allem die kleineren Orte in den Bergen leiden, wie Jörg Peter Krebs, Deutschland-Chef von Schweiz Tourismus sagt.

Allerorten gebe es in der Wintersaison aber Preissenkungen. Zusammen mit der leichten Abwertung des Franken sei man deshalb schon wieder auf dem Preisniveau vor der Aufwertung, wirbt Krebs. Zuletzt kostete ein Franken zwar wieder 1,10 Euro, von den 1,20 Euro vor einem Jahr ist man aber noch entfernt.

Die Schweiz gilt seit jeher als teures Ferienziel. Deutsche bevorzugen Österreich oder Italien, wenn es in Richtung Alpen geht. Seit 2008 sei die Zahl der deutschen Feriengäste in der Schweiz rückläufig, heisst es beim Schweizer Tourismusverband. Für die Eidgenossenschaft besonders hart, denn Deutschland ist ein wichtiger Auslandsmarkt.

«2014 hatte allein der deutsche Markt einen Anteil von 22,1 Prozent von allen ausländischen Quellmärkten», sagt ein Verbandssprecher. Und nachdem die Schweizer Nationalbank die Bindung des Frankens an den Euro aufgehoben hatte und der Franken massiv an Wert gewann, waren Ferien dort noch teurer geworden.

Deutsche Bodenseeseite profitiert

Davon profitierten wiederum die Tourismusbetriebe auf der deutschen Bodenseeseite. Denn wer als Tourist in die Region kommen will, hat die Wahl. Er kann sich ein Schweizer Städtchen aussuchen, etwa Rohrschach. Eine Beispielrechnung im Drei-Sterne-Hotel: Doppelzimmer 148 Franken, Bodensee-Felchenfilets 28,50 Franken, der Besuch im Strandbad als Erwachsener 6 Franken.

Oder er geht auf die deutsche Seeseite: In Immenstaad etwa kosten das Doppelzimmer 98 Euro, das Felchenfilet 18,70 Euro und der Strandbad-Besuch 3,90 Euro. Viele Touristen meiden bei Bodensee-Ferien daher die Schweizer Seite und weichen auf Deutschland oder Österreich aus.

«Konkrete Umfragen haben wir nicht gemacht», sagt Jürgen Ammann, Geschäftsführer der Internationalen Bodensee Tourismus GmbH. «Aber wir bekommen Rückmeldungen, aus denen man schliessen kann, dass die Übernachtung in der Schweiz eher eine Priorität zweiter Reihe hat.»

Spürbar auch im Kanton Thurgau

Das spürt man auch im Kanton Thurgau: Die Gästezahlen sanken dort im ersten Halbjahr 2015 im Vergleich zu einem starken Vorjahreszeitraum um 7,2 Prozent. Den Rückgang spüre man vor allem entlang des Bodensees, hiess es noch im Sommer bei Thurgau Tourismus. So blieben Touristen, die beispielsweise um den See herumfahren, manchmal länger in Österreich oder führen durch bis Deutschland.

Nach Angaben des Schweizer Tourismusverbandes übernachteten deutsche Touristen von Januar bis Oktober rund 3,4 Millionen Mal in der Schweiz - ein Minus von fast einer halben Million im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Doppeltes Problem

Für die Schweizer Tourismusbetriebe im Grenzgebiet zu Deutschland ist der teure Franken aber gleich ein doppeltes Problem: «Es bleiben nicht nur Gäste aus Deutschland weg», sagt Ammann. «Es gibt auch ein zunehmendes Wanderungsverhalten von Schweizern, die selbst ins benachbarte Ausland in den Euroraum ausweichen.»

Denn für die Eidgenossen sind nicht nur die preiswerteren Hotels attraktiv: Nach der Aufhebung des Mindestwechselkurses wurden deutsche Einkaufsgüter für die Schweizer nochmals deutlich günstiger - in den Ferien locken also auch billige Shopping-Möglichkeiten.

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