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Flaggen von Italien, Schweden und Deutschland.
Legende: Nicht bloss die Schweiz tut sich schwer mit der Altersvorsorge. Wie gehen andere Länder damit um? Wikimedia, Montage SRF

Schweiz Krux mit der Altersvorsorge: So machen es andere Länder

Die Schweiz muss ihr Rentensystem umbauen. Es passt nicht mehr in die heutige Zeit. Das Dilemma aller Industriestaaten: Mehr Rentner, weniger Junge – und die Kapitalmärkte geben bei den Anlagen wenig her. Worauf setzen andere Länder? Ein Blick nach Italien, Schweden und Deutschland.

Grundsätzlich gilt: Praktisch alle Länder kennen wie die Schweiz ein Umlagesystem. Die jetzigen Erwerbstätigen geben also einen Teil ihres Lohns an die jetzigen Rentner. In ein paar Jahrzehnten werden die Erwerbstätigen selber Rentner sein und ihrerseits von der Erwerbsgeneration, die nachrückt, finanziert. Daneben bemühen sich die meisten Länder, die Leute – mehr oder minder freiwillig – zum individuellen Sparen zu animieren. Bei beiden Varianten gibt es nennenswerte Unterschiede.

Schweden: Die reformfreudigen Nordlichter

  • Zwei obligatorische Säulen
  • Flexibles Rentenalter
  • Höhe der Renten an Lebenserwartung und Konjunktur gekoppelt

Für die zwei obligatorischen Säulen werden 19 Prozent vom Lohn abgezogen. 16 Prozent gehen in den staatlichen Rentenfonds , damit werden die laufenden Renten bezahlt. Der Fonds wird staatlich verwaltet, die Zinsen werden der Konjunktur (Löhne, Teuerung) angepasst. Die ausbezahlten Renten richten sich zudem nach der durchschnittlichen Lebenserwartung, wenn jemand in Rente geht. Dementsprechend gibt es kein fixes Rentenalter, sondern ein flexibles zwischen 61 bis 69.

Weiter haben die Schweden einen Automatismus für den grossen staatlichen Rententopf: Wenn dort wegen der demographischen Verschiebung mehr Leute beziehen als einzahlen, werden die Renten automatisch gekürzt. 3 Prozent der vom Lohn abgezogenen 19 Prozent kann jeder und jede in Schweden selber fürs Alterssparen anlegen: Es gibt 500 Pensionsfonds, die man wählen kann.

Italien: Ein System, das nur in der Theorie funktioniert

  • Geplantes Rentenalter bis 2020: 67 für beide Geschlechter
  • Eine staatliche Rentenversicherung, finanziert über Lohnabzüge
  • Jahrelange Festanstellung als Voraussetzung für Rente

In Italien war bis weit in die 1980er Jahre fein raus, wer eine Stelle mit festem Vertrag hatte: Solche Leute konnten damit rechnen, vielleicht schon mit 50 eine gut dotierte Rente zu bekommen. Aber das sind Tempi passati.

Anfang der 1990er Jahre geriet Italien in eine gewaltige Finanzkrise: Das Land stiess notgedrungen eine Rentenreform an, sie ist längst nicht abgeschlossen. Das Rentenalter wurde Stück für Stück angehoben. Heute liegt es für Männer bei 66, für Frauen bei 65. Bis 2020 soll es für beide Geschlechter auf 67 steigen.

Italien hat eine staatliche Rentenversicherung , finanziert wird sie über Lohnabzüge. Diese sind sehr hoch – zurzeit rund 30 Prozent. Die staatliche Rente beläuft sich bei den meisten auf 500 bis gut 1000 Euro.

Allerdings: Um überhaupt in den Genuss zu kommen, braucht man über Jahre eine Festanstellung. Dabei arbeiten im italienischen Arbeitsmarkt sehr viele ohne festen Vertrag. Schätzungen gehen von rund 20 Prozent der Erwerbstätigen aus, die ein Leben lang von der Hand in den Mund jobben – und die dann überhaupt keine Altersvorsorge haben. Und weil Italien europaweit eine der tiefsten Geburtenraten hat, gerät das umlagefinanzierte System immer mehr unter Druck.

Deutschland: Die Erfinder der Altersrente

  • Eine obligatorische staatliche Versicherung
  • Freiwillige Betriebsrente
  • Rentenalter soll sukzessive auf 67 angehoben werden

Deutschland hat Ende des 19. Jahrhunderts die Altersrente erfunden. Heute hat es eine obligatorische staatliche Versicherung. Dafür werden 20 Prozent vom Lohn abgezogen . Das Geld geht in die laufenden Renten. Wer 45 Jahre lang einbezahlt hat, bekommt 1000 bis 1300 Euro Rente. Daneben gibt es wie in der Schweiz eine berufliche Vorsorge, die Betriebsrente. Aber diese ist – im Gegensatz zur Schweiz – nicht obligatorisch, darum machen längst nicht alle mit.

Ein Nachteil gegenüber dem Schweizer System: Der Anteil des Lohnes, der in Deutschland für Sozialabgaben verwendet wird, ist sehr hoch und dürfte wegen der demographischen Verschiebung weiter steigen. Dadurch wird der Faktor Arbeit immer teurer. Ökonomen in Deutschland befürchten, dass das Land an Wettbewerbsfähigkeit verliert, weil die Unternehmen zu viele Sozialabgaben auf die Löhnen zahlen müssen und deshalb abwandern.

Allerdings gibt es auch einen Vorteil verglichen mit dem hiesigen System. Die Erhöhung des Rentenalters in Stufen musste nicht die direktdemokratische Hürde nehmen: Heute gilt Rentenalter 65,5, es soll sukzessive auf 67 angehoben werden.

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