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Schweiz Marketing mit Überwachungs-Kamera

Der Detailhandel kämpft um Kunden. Und will wissen, wie diese auf das Angebot reagieren. Zum Erforschen des Kundenverhaltens arbeiten Detailhändler mit Überwachungskameras – auch in der Schweiz. Doch darüber, wo und welche Kundeninformationen gesammelt werden, sprechen die Unternehmen nicht gern.

Im Hollywood-Streifen «Minority Report» betritt Tom Cruise im Jahr 2054 einen Kleiderladen. Prompt wird er beim Eingang von einer Stimme begrüsst, die ihn danach fragt, ob ihm das Unterhemd gefalle, das er beim letzten Mal gekauft habe.

Nicht nur Science-Fiction, sondern in Ansätzen bereits Realität: Schon heute werden Kunden mit Kameras überwacht und verfolgt, sobald sie einen Laden betreten.

Kundenspezifische Werbe-Einblender im Laden

Eine praktische Anwendung der Technologie ist etwa kundenspezifische Werbung, die auf einem Bildschirm am Verkaufstresen eingeblendet wird. Der Kunde wird von einer Kamera erfasst und die Software analysiert die Person. «Wir machen nur eine biometrische Gesichtserkennung», sagt Richard Schubnell von der Zuger Firma Permalys.

Dabei werden nicht Fotos oder Videos aufgezeichnet, sondern Parameterdaten gewonnen, welche die Personen nach Geschlecht oder Alter kategorisieren. Die Software blendet dann unmittelbar eine Produktwerbung auf einem Bildschirm ein, die den Kunden interessieren könnte.

Dieses System habe eine Apothekenkette getestet. Den Namen der Kette will die Anbieterin des Kamerasystems aber nicht preisgeben.

Tycos Überwachungskameras für Marketingzwecke

Grosse, internationale Konzerne sind mit ihren Überwachungskameras für Marketingzwecke bereits im Schweizer Markt tätig, so etwa der führende Technologie-Gigant Tyco. An der High-Tech-Messe in New York zeigte der Tyco-Vizepräsident Alessandro Della Monica «10vor10» die neusten Produkte.

Mit einer Kamera werde nicht nur Geschlecht und Alter der Kunden erfasst. Fotos des Kunden interessieren nicht, aber «die Kamera folgt dem Kunde auf Schritt und Tritt. Interessant dabei ist, wie lange ein Kunde vor einem Produkt stehen bleibt, denn das ist wichtig für den Kaufentscheid des Kunden am Schluss», beschreibt Della Monica das System.

Die Frage liegt auf der Zunge: Welche Läden arbeiten in der Schweiz mit diesen Kameras? Della Monica von Tyco gibt sich zurückhaltend. «Wir arbeiten mit drei bedeutenden Läden in der Schweiz.», Über Namen schweigt er sich aus: «Namen darf ich keine nennen. I’m sorry.».

Bewegungsspuren und Handy-Werbung mit RetailNext

Noch einen Schritt weiter geht Konkurrent RetailNext. Sobald die Kundin eintritt, nimmt die Kamera deren Verfolgung auf. Die Kamera erfasst, wie lange sie vor einem Produkt stehen bleibt oder wie sich ihr Gesichtsausdruck verändert. RetailNext ist sogar in der Lage, das Mobiltelefon der Kundin zu erkennen und ihr einen Gutschein direkt aufs Handy zu schicken, um sie zum Kauf zu motivieren.

Auch in der Schweiz sind Ladenketten mit solchen Kamera-Systemen ausgerüstet, wie Alexei Agratchev, CEO von RetailNext, gegenüber der Sendung «Espresso» von SRF bestätigt: «Wir arbeiten sicherlich mit einem Dutzend Läden in der Schweiz zusammen. Namen darf ich ihnen keine nennen. Das ist vertraulich. Aber es sind alles international tätige Firmen.»

Datenschützer skeptisch aber ohne Handhabe

Der Eidgenössische Datenschutzbeauftrage Hanspeter Thür meint, dass verschiedene Unternehmen ihre Kunden durchleuchten und deren Kundenwünsche herausfinden wollen. «Wir stellen eine Sammelwut fest, die skeptisch stimmt.»

Der Datenschutz hat wenig in der Hand gegen solche Marketingmethoden. Sie sind zulässig, solange die Daten anonymisiert und nicht gespeichert werden.

Den Internet-Sicherheits-Experten Guido Rudolphi stimmen solche Methoden dennoch nachdenklich. Wie würde man sich fühlen, wenn ständig jemand wenige Zentimeter hinter einem herläuft und dabei filmt?

Diese unangenehme Nähe werde nun durch Kameratechnik ersetzt, aber trotzdem werde man als Kunde permanent begleitet.

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