Der Abstimmung ging eine hitzige Debatte im Nationalrat voraus: Oskar Freysinger (SVP/VS) wollte von einem Adoptionsrecht für Homosexuelle gar nichts wissen. Er berief sich dabei auf die Kinderrechtskonvention, die vorsieht, dass jedes Kind ein Recht auf Eltern hat. Und Eltern – so Freysinger – seien Vater und Mutter.
Dank Vater und Mutter könne das Kind seine Herkunft nachvollziehen. Darin liege seine Identität. Zudem gebe es eine Ungleichheit zwischen lesbischen und schwulen Paaren: Lesbische Frauen könnten einfach schwanger werden, ein Kind austragen und den Namen des Vaters verschweigen. Sie könnten demnach häufiger vom Adoptionsrecht für Stiefkinder profitieren als homosexuelle Männer.
Dann hätten die betroffenen Kinder keine männliche Bezugsperson mehr. Denn sie würden auch in der Grundschule mehrheitlich von weiblichen Personen unterrichtet.
Seine Aussagen stiessen im Rat auf grosse Empörung: Freysinger wurde sogar ausgebuht. Freysinger würde das Kindswohl missachten, hiess es. Dem sei nicht so, verteidigte sich dieser. Er würde im Gegenteil die Rechte der Kinder verteidigen.
Recht des Kindes steht im Vordergrund
Christa Markwalder (FDP/BE) setzte sich dagegen für den Antrag der Nationalrats-Kommission ein, der etwas weniger weit geht als es der Ständerat beschlossen hatte: Die Adoption von Stiefkindern soll homosexuellen Paaren gestattet werden. «Kinder in Regenbogenfamilien sind eine Realität, der wir uns stellen müssen.» Die Kinder in diesen Familien hätten weniger Rechte als jene in «normalen» Familien. Das Kindsrecht müsse im Vordergrund stehen.
Aus dem gleichen Grund stimmte auch Beat Flach (GLP/AG) dem Adoptionsrecht zu. Die Grünliberalen gingen aber gar einen Schritt weiter und befürworteten die Vorlage gemäss Ständerat, welche die Adoption für Homosexuelle nicht nur von Stiefkindern erlauben wollte.
Bundesrätin Simonetta Sommaruga sprach sich wiederum für die Variante der Nationalrats-Kommission aus: Der Bundesrat zeige Verständnis für die Situation und wolle die Option der Stiefkindadoption für eingetragene Partnerschaften erlauben. Eine völlige Freigabe aller Adoptionsformen lehne der Bundesrat aber ab, so Sommaruga. «Eine derartige Öffnung könnte vielen Menschen zu weit gehen.»
Ständerat ist wieder an der Reihe
Bislang schloss das Partnerschaftsgesetz die Adoption durch eingetragene gleichgeschlechtliche Paare ausdrücklich aus. Diese Lösung führte jedoch zu einer absurden Rechtslage: Die Adoption durch homosexuelle Einzelpersonen war erlaubt, nicht aber die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare in eingetragener Partnerschaft.