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Fredy Fässler.
Legende: Nach dem Rechtsrock-Konzert in Unterwasser musste sich der St. Galler Sicherheitsdirektor zahlreiche Vorwürfe anhören. Keystone

Schweiz Neonazi-Konzert – «Wir hätten das Toggenburg abgeriegelt»

Zu ängstlich, auf dem rechten Auge blind: So lauten die Vorwürfe gegen die St. Galler Polizei. Grund ist das Neonazi-Konzert von letzter Woche im Toggenburg. Sicherheitsdirektor Fredy Fässler sagt, ein andermal würde man eine solche Veranstaltung verhindern. Doch die Möglichkeiten scheinen begrenzt.

Vor einer Woche versammelten sich in Unterwasser (SG) Tausende von Neonazis aus ganz Europa an einem Konzertanlass – die Polizei wurde von dem Grossaufmarsch überrumpelt, wie der St. Galler Sicherheitsdirektor Fredy Fässler gegenüber SRF einräumt. Er betont aber, dass man heute für eine angekündigte Veranstaltung von Rechtsextremen gewappnet sei.

Mir ist das Blut in den Adern gefroren.
Autor: Fredy Fässler Sicherheitsdirektor von St. Gallen

Der sozialdemokratische Sicherheitsdirektor erklärt: «Ich habe mich extrem erschrocken, als ich hörte, dass sich da 5000 Neonazis versammelt haben.» Als er später die privaten Videoclips sah, tausende Rechtsextreme in der Eventhalle, die Arme ausgestreckt zum Hitlergruss, da sei ihm das Blut in den Adern gefroren. «Das wollen wir definitiv nicht im Kanton St. Gallen.»

Behörden sollen genauer hinsehen

Doch was, wenn man es eben zu einem früheren Zeitpunkt gewusst hätte? Dann «hätten wir das Toggenburg abriegeln können und die Veranstaltung für gestrichen erklären können. Das hätten wir mit Sicherheit gemacht.» Nun aber will man die Lehren für das Geschehene ziehen.

Fässler ist der Meinung, man müsse kurzfristig schon bei der Erteilung einer Bewilligung für Anlässe genauer hinsehen. Künftig soll vermehrt bei den Gesuchstellern nachgefragt werden, etwa: «Wie viele Leute sind geplant, welche Bands treten auf, wer ist wirklich der Organisator?» Die Neonazi-Veranstaltung im Toggenburg hätte mit den geltenden kantonalen Gesetzen verboten werden können.

Einreisesperren taugen nicht viel

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Sollten sich solche Veranstaltungen aber häufen, so sollte man überlegen, ob man auf Bundesebene nicht generelle Verbote diskutieren wolle, wie Fässler meint. Oder mindestens könnten Anlässe, die gegen die Antirassismusstrafnorm verstossen sowie Gewalt hervorrufen könnten, als Strafe erklärt werden. Gleichzeitig dürfe wegen ein paar Rechtextremen der Rechtsstaat, die Meinungsäusserungsfreiheit, nicht geopfert werden.

Könnte man auch Einreisesperren verhängen oder vermehrt Grenzkontrollen durchführen? «Das Problem ist, an den Grenzen kontrolliert im Moment niemand mehr. Die Einreiseverbote kann man relativ einfach umgehen», erklärt Fässler. Zudem gibt er zu bedenken: «Meines Erachtens sind die Vorteile des freien Personenverkehrs deutlich grösser, als die Forderung, jetzt wieder vermehrt Grenzkontrollen zu machen.»

Parmelin steht hinter Nachrichtendienst

Über den musikalischen Grossanlass der Rechtsradikalen war die Polizei zwar vom Nachrichtendienst informiert worden – allerdings erst wenige Stunden vor Konzertbeginn. Bundesrat Guy Parmelin, der politische Verantwortliche für den Nachrichtendienst, sagt jedoch gegenüber der «Tagesschau» klar, das Verhalten sei korrekt gewesen.

«Wir sind Gesetzen unterworfen, die wir akzeptieren müssen. Vielleicht müssen wir uns die Frage stellen, ob wir die Gesetze neu anpassen müssen.» Parmelin erklärt, mit dem neuen Nachrichtendienstgesetz könne man gegen Extremismus von Links und Rechts nur vorgehen, wenn es ein gewaltsamer Extremismus sei, der das Land in Gefahr bringe.

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