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Schweiz Nettes Gespräch mit Merkel, aber kein Entgegenkommen

Deutschland und die Schweiz wollen ungeachtet der begrenzten Zuwanderung ihre Beziehungen noch enger gestalten. Jedenfalls äusserten sich Bundespräsident Didier Burkhalter und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel so in Berlin. Konkrete Ansätze aber ergaben sich keine.

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Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach der umstrittenen Abstimmung für eine begrenzte Zuwanderung vor Überreaktionen gewarnt. Die Kontakte zwischen der EU und der Schweiz solle man nicht «vorschnell zerbrechen» lassen, sagte sie in Berlin nach einem Treffen mit dem Bundespräsidenten Didier Burkhalter. Laut SRF-Korrespondent Casper Selg war die Atmosphäre freundlich und konziliant.

Merkel bedauere den Entscheid der Bürger, respektiere das Votum aber, sagt Selg. Man müsse in Kontakt bleiben und Schritt für Schritt nach Lösungen suchen. Ihr Ziel sei, dass die Beziehungen der Europäischen Union (EU) mit der Schweiz so intensiv wie möglich blieben. Die dreijährige Übergangszeit, bis die neuen Zuwanderungsregeln gelten, sollte für vernünftige Lösungen genutzt werden.

«Merkels Worte kann man heute für bare Münze nehmen», meint SRF-Korrespondent Stefan Reinhart. Es zeige sich, dass das Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz der Kanzlerin viel bedeute.

Es zeige sich in dem Treffen eine Grundfertigkeit Merkels: Nämlich flexibel auf neue Gegebenheiten zu reagieren. «Wir haben das in der Euro-Krise x-mal gesehen. Oder nach der Atom-Katastrophe in Fukushima.» Auch jetzt reagiere sie auf neue Gegebenheiten. Und: «Die Stimme Merkels wird in der kommenden Auseinandersetzung mit der EU noch sehr, sehr wichtig sein für die Schweiz», meint Reinhart.

Burkhalter seinerseits betonte, dass die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Deutschland gut und eng sei, und dass sie noch enger werden solle. Er verwies dabei auf das grosse Handelsvolumen zwischen den Nachbarstaaten, auf die 350'000 Deutschen, die in der Schweiz arbeiten und auf die gute Forschungszusammenarbeit zwischen den Staaten.

Es gebe nach dem Volksentscheid einen Verfassungsauftrag, sagte Burkhalter weiter. Es sei noch nichts geändert worden seit dem Referendum. Nach wie vor gelte die Personenfreizügigkeit. Die Schweiz wolle mit der EU aber auch über eine eventuelle Anpassung des Freizügigkeitsabkommens diskutieren: «Es gibt keinen Grund, jetzt alles zu stoppen.»

Verhandlungen über zwei Abkommen auf Eis gelegt

Seit dem Ja zur SVP-Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» haben Vertreter der EU verschiedentlich deutlich gemacht, dass für sie die Personenfreizügigkeit nicht verhandelbar ist. Dies hielt auch Angela Merkel fest, wie Selg sagte: «Frau Merkel hat ganz deutlich gemacht, dass es keine Abstriche an der Personenfreizügigkeit geben wird.» Bei allem Willen zum Verhandeln müssten die Prinzipien der EU berücksichtigt werden. «Und eines der Prinzipien ist nun einmal die Personenfreizügigkeit, hinter der Deutschland voll steht.»

Arbeitsbesuch von Leuthard

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Nach Bundespräsident Didier Burkhalter reist am Freitag auch Verkehrsministerin Doris Leuthard nach Berlin. Leuthard wird mit Vizekanzler Sigmar Gabriel Energiefragen erörtern. Ausserdem ist ein Gespräch mit Verkehrsminister Alexander Dobrindt geplant. Mit ihm wird Leuthard auch Bahnthemen und den Staatsvertrag zum Flugverkehr besprechen.

Nachdem der Bundesrat angekündigt hatte, das bereits ausgehandelte Zusatzprotokoll zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien nicht zu unterzeichnen, reagierte die EU mit der Aussetzung der Verhandlungen zum Forschungsrahmenprogramm «Horizon 2020» und zum Austauschprogramm «Erasmus+».

Auch das Stromabkommen mit der EU ist gefährdet. Seine Erklärungsversuche setzte Burkhalter am Nachmittag beim deutschen Aussenminister Frank-Walter Steinmeier fort. Bei aller Freundschaft machte Steinmeier klar, dass «der Ball nun im Feld der Schweizer liegt». Er wisse, dass von Schweizer Seite an der Gestaltung des Verhältnisses zwischen der EU und der Schweiz gearbeitet werde.

Der Bundesrat will bis Juni ein Umsetzungskonzept zur Initiative vorlegen. Ein Gesetzesentwurf ist Ende Jahr zu erwarten.

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