Die überbelegten Gefängnisse und der Mangel an Gefängnispersonal führte im Waadtländer Strafvollzug zu gefährlichen Situationen. Beispielsweise war die Gefängnisleitung nicht darüber informiert, dass ein Mitglied des organisierten Verbrechens bei ihr einsass. Der Mann wurde so in einem ungenügend gesicherten Gefängnis platziert. Seine Kollegen konnten die Anstalt mit einem Lieferwagen erstürmen und ihren Komplizen mit Sturmgewehren freischiessen.
Verbesserungen schon angepackt
Falsche Strukturen führten auch dazu, dass ein verurteilter Sexualmörder in Halbfreiheit entlassen wurde und dass Warnungen eines Bewährungshelfers nicht zu seiner sofortigen Rückversetzung ins Gefängnis führten. Eine junge Frau bezahlte den Fehlentscheid mit ihrem Leben.
Der Waadtländer Strafvollzug muss dringend verbessert werden. Einiges wurde schon angepackt: Angesichts der überfüllten Gefängnisse hat der Kanton in den letzten drei Jahren 250 neue Gefängnisplätze geschaffen und das Personal um 40 Prozent aufgestockt.
Zusammenarbeit an Schnittstellen
Neu setzt der Kanton nun auch auf eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Gefängniswärtern und dem medizinischen Personal. Gefängnispsychiater müssen bei genau festgelegten Alarmzeichen das Gefängnispersonal sofort informieren. Diese Zusammenlegung sei wichtig, denn an den Schnittstellen können Informationen leicht verloren gehen und das kann zu dramatischen Fehlentscheiden führen.
Allerdings sind solche Schnittstellen auch gefährlich: Denn bei der Aufholjagd an Sicherheit, wie sie der Kanton Waadt momentan hinlegt, ist es heikel, die Balance zu finden – etwa bei der ärztlichen Schweigepflicht. «Häftlinge müssen den Seelsorgern vertrauen können. Wenn sie das nicht können, bleiben Probleme eventuell unentdeckt, bis es zu einer grossen Explosion kommt», sagt Westschweizer Korrespondent Sascha Buchbinder, der die Aussagen von Sicherheitsdirektorin Béatrice Métraux am Montag vor den Medien verfolgte.
Métraux hingegen gibt sich sicher, dass man mit der neuen Strategie und dem 200-seitigen Bericht nun die Prioritäten festgelegt und vorausschauend geplant habe. Der Bericht könne sich wirklich sehen lassen, findet auch Buchbinder. «Allerdings ist er keine Garantie, dass es nicht neue Probleme im Strafvollzug geben könnte.»