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Schweiz Neuer Schutzstatus: Jubel von Links – Kritik von Rechts

Der Bundesrat will die rechtliche Situation von vorläufig aufgenommenen Personen verbessern. Doch das stösst teilweise auf Kritik. Von falschen Anreizen sprechen die Bürgerlichen. Von einem Schritt in die richtige Richtung sprechen dagegen die SP, die Grünen und die Schweizerische Flüchtlingshilfe.

Die Vorschläge des Bundesrates, den Status der vorläufigen Aufnahme neu zu regeln, werden einzig auf linker Seite begrüsst. Für CVP, FDP und SVP schiessen sie am Ziel vorbei und schaffen falsche Anreize, welche die Attraktivität der Schweiz für sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge erhöhe.

«Ich bin nicht sehr zufrieden mit den Vorschlägen des Bundesrats», sagte der Tessiner CVP-Nationalrat Marco Romano, der im Parlament den Anstoss zu diesem Bericht gegeben hatte. Denn der Bundesrat gehe ausschliesslich auf die echten Schutzbedürftigen ein unter den Personen, deren Wegweisung vorerst nicht vollzogen werden könne.

Der Status «vorläufige Aufnahme» diene derzeit aber als Sammelbecken und werde auch vielen sogenannten Wirtschaftsmigranten zugewiesen, kritisierte er. Und der Bericht enthalte keinerlei Vorschläge, wie künftig genauer zwischen Personen mit und ohne Anrecht auf vorläufigen Schutz unterschieden werden könne. Hier bleibe der Bundesrat eine Antwort schuldig.

«Stattdessen werden für Wirtschaftsmigranten beispielsweise aus den afrikanischen Ländern zusätzliche Anreize geschaffen, in die Schweiz zu kommen».

«Werbung für Schlepper»

Die gleiche Befürchtung hegen auch FDP und SVP. Bei vorläufig Aufgenommenen handle es sich um Personen, gegen die eine rechtskräftige Wegweisungsverfügung vorliege, schreibt die FDP. Daraus dürfe kein Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung resultieren. Der Grundsatz, dass diese Personen rasch möglichst in ihre Heimatländer zurückkehren sollten, müsse bestehen bleiben.

Der Aargauer Nationalrat Andreas Glarner, verantwortlich für das Asyl- und Migrationsdossier der SVP, kritisiert auf Anfrage die Streichung des Begriffs «vorläufig». Dadurch werde verschleiert, dass die betroffenen Personen nach wie vor vorläufig aufgenommen seien, so Glarner. Der noch schnellere Familiennachzug erhöhe sogar die Attraktivität der Schweiz. «Das ist ein eigentlicher Werbeprospekt für die Schlepper.»

Der Bundner SVP-Nationalrat Heinz Brand sagt: «Was der Bundesrat heute präsentiert, lehnt sich stark an die bisherige Lösung an und ist kein entscheidender Fortschritt.» Vor allem hätte Brand erwartet, dass eine strengere Praxis bei der Wegweisung von vorläufig Aufgenommenen eingeführt werde.

Grundsätzliche Neuausrichtung ist nötig

Der jetzige Status der Asylsuchende müsse geändert werden, meint der Direktor des Staatssekretariats für Migration (SEM), Mario Gattiker. «Der Bundesrat ist der Meinung, dass eigentlich nur eine grundsätzliche Neuausrichtung dieses Status‘ die bestehenden Fragezeichen beseitigen kann.»

Gleichzeitig betont Gattiker aber, dass der neue Status nicht attraktiver wäre als das, was EU-Staaten in ähnlichen Fällen gewährten. Das sei wichtig, denn, «wenn man sich in der Schweiz einen besseren Status erhofft als er in einem anderen Land gewährt wird, entsteht irreguläre Binnenwanderung hin zur Schweiz.»

Familie hilft bei Integration

Die SP hingegen zeigte sich erfreut darüber, dass der Bundesrat den neuen Status der Schutzgewährung schaffen will. Der Begriff «vorläufige Aufnahme» sei irreführend und stehe einer guten Integration im Wege, schreibt die Partei in einer Stellungnahme. Die Schweiz habe ein grosses Interesse daran, dass Menschen, die absehbar auf Jahre hier bleiben, rasch integriert werden und arbeiten können.

Das verbessere etwa die Situation von Syrern, die zwar keinen Flüchtlingsstatus haben, aber wegen des Krieges trotzdem in den nächsten Jahren nicht in ihre Heimat zurückkehren könnten.

Grüne fordern mehr Vereinfachungen

Die Grünen gehen noch einen Schritt weiter und bevorzugen den Vorschlag, wonach die «vorläufige Aufnahme» durch eine ordentliche Aufenthaltsbewilligung (B-Bewilligung) ersetzt würde. «Das ist die beste Variante, sie ermöglicht einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt», sagte die Genfer Nationalrätin Lisa Mazzone.

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Der Familiennachzug muss aus Sicht der Grünen noch weiter vereinfacht werden. Das Familienleben sei entscheidend für eine gute und möglichst rasche Integration, so Mazzone.

Auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe möchte weiter gehen, als der Bundesrat. Mediensprecher Stefan Frey: «Wir sind der Meinung, dass die vorläufig Aufgenommenen eigentlich den anerkannten Flüchtlingen gleichgestellt werden sollten.» Es sei nicht einzusehen, warum die eine Hälfte der geflohenen Syrer als anerkannte Flüchtlinge gelten und die andere Hälfte vorläufig aufgenommen werde und einen unsicheren Status habe. Immerhin, sagt die Flüchtlingshilfe, sei der Vorschlag des Bundesrates ein Schritt in die richtige Richtung.

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