Die Lebenserwartung in der Schweiz liegt bei fast 83 Jahren. Das sei dem leistungsfähigen Gesundheitssystem und dem hohen Wohlstand zu verdanken, steht im neuen Gesundheitsbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Das hat aber auch eine Kehrseite.
Die Schweizer Gesundheitskosten seien im Vergleich mit anderen Staaten überdurchschnittlich hoch, sagt Stefan Kapferer. Er ist stellvertretender Generalsekretär der OECD. Die hohe Ärztedichte und die gute Versorgung könne aufgrund der Finanzierungsstruktur in der Schweiz zum Problem werden.
Armen Haushalten fehlt Geld für Zahnarzt
«Die Schweiz hat ein Modell, das auf einem hohen Anteil an Zuzahlungen durch die Versicherten beruht», erklärt Kapferer. Deshalb müsse man ein Auge auf die einkommensschwächeren Haushalte haben. «Dort gibt es erste Indikatoren, die auf Probleme hinweisen.»
So habe die OECD beispielsweise gemessen, dass Versicherte mit niedrigem Einkommen insbesondere in der Zahnmedizin gewisse Leistungen, die sie nachfragen wollen, nicht mehr nachfragen können. «Wenn das zunimmt, wird man Fragen nach einer Intensivierung des Sozialausgleichs stellen müssen», warnt er.
Niedriger Anteil an Nachahmerprodukten
Die Schweiz ist aber nicht nur bei den Arzt- und Zahnarztkosten spitze, sie gehört auch zu den Ländern mit den höchsten Ausgaben für Arzneimittel. Im Jahr 2013 betrugen die Medikamentenausgaben pro Einwohner kaufkraftbereinigt 666 Dollar. Sie lagen damit rund ein Drittel über dem Schnitt der OECD. Einen Grund dafür ortet die Organisation in der tiefen Generika-Quote.
«Enormes Kostensenkungspotential»
Nur jedes sechste in der Schweiz abgegebene Medikament war 2013 ein Generikum. «Hier ist ein enormes Kostensenkungspotential vorhanden», sagt Kapferer. Zum Vergleich: In der gesamten OECD liegt der Generika-Anteil bei knapp der Hälfte, in Deutschland und Grossbritannien sogar bei 80 Prozent.
Um den Anstieg der Arzneimittelkosten zu begrenzen, empfiehlt die OECD der Schweiz in ihrem Bericht deshalb, die Verschreibung und Abgabe von günstigeren Nachahmerpräparaten – also von Generika – künftig verstärkt zu fördern.