Tote können Leben retten – mit ihrem Herz, ihrer Lunge oder einem anderen Organ. Und in Österreich tun dies viele, viel mehr als in der Schweiz.
Widerspruchs-Datenbank
Die Angehörigen der Unfallopfern werden zwar auch in Österreich gefragt, ob das in Ordnung sei und sie haben de facto auch ein Veto-Recht. Aber nur 10 bis 15 Prozent machen davon Gebrauch.
Ferdinand Mühlbacher, der Chef der Transplantations-Chirurgie an der Universitätsklinik in Wien, findet das ein gutes System: «Es wird den Angehörigen nicht eine Entscheidung aufgebürdet, die sie zu diesem Zeitpunkt gar nicht treffen wollen.»
Wer nicht will, dass er später vielleicht einmal Organspender wird, der kann sich in einer Widerspruchs-Datenbank eintragen. Mühlbacher: «Es ist im Prinzip eine mit einem Code-Wort geschützte Datei, die über 24 Stunden zugänglich ist.» Aber nicht einmal ein Prozent der Österreicher hat sich dort registriert.
Die Menschen wollen sich nicht mit dem Tod auseinandersetzen. Deshalb diese geringe Zahl und deshalb umgekehrt auch die viel zu geringe Zahl an freiwilligen Organspendern in der Schweiz.
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Ethisch fragwürdig
Die Widerspruchslösung sei ethisch fragwürdig, sagte Bundesrat Alain Berset gestern im Nationalrat. Sie beschneide die persönlichen Rechte jedes einzelnen zu stark.
Mühlbacher hingegen findet es ethisch bedenklicher, dass in der Schweiz jedes Jahr fast hundert Menschen vorzeitig sterben müssen, weil sie kein neues Herz, keine neue Leber bekommen. Die Toten seien besser geschützt als die Lebenden.
Ob die Widerspruchslösung der Schweiz allerdings schnell mehr Organe bringt, das stellt auch Mühlbacher in Frage. Denn die Zahl der Organspender ist auch kulturell bedingt – in stark katholisch geprägten Ländern wie Österreich, Italien oder Spanien ist sie besonders hoch.