Immer mehr Läden haben Self-Scanning-Kassen, an denen die Kundinnen und Kunden ihre Einkäufe bezahlen, ohne dass es einen Kassierer braucht; aus den Zügen verschwinden bald die Minibars; immer mehr Fliessbandarbeiten in Fabriken können von Robotern erledigt werden.
Kein «Weitermachen wie bisher»
Betroffen vom Arbeitsplatzabbau infolge des technischen Fortschritts sind vor allem Wirtschaftsbereiche, in denen heute überdurchschnittlich viele Migrantinnen und Migranten arbeiten. «Praktisch alle Menschen spüren, dass ein Umbruch im Gange ist», sagt der Präsident der Eidgenössischen Migrationskommission und Basler Ethnologie-Professor, Walter Leimgruber. Man könne deshalb nicht einfach weitermachen wie bisher.
Arbeit ist der Schlüssel zur gesellschaftlichen Integration. Wenn Arbeit fehlt, kann das entsprechend zu grossen Integrationsproblemen führen. Denn nicht alle Menschen sind für den wirtschaftlichen Umbruch gleich gut gerüstet. «Ungefähr 600'000 Personen in der Schweiz haben keine Ausbildung, die über die obligatorische Schulbildung hinausgeht», stellt Leimgruber fest. Darunter sind auch viele Migranten. Experten sehen deshalb Handlungsbedarf.
Eingreifen schon bei Kleinkindern
Man müsse unbedingt beim Bildungssystem ansetzen, sagt Tobias Müller, Wirtschaftsprofessor an der Universität Genf. Wichtig sei ein Eingreifen schon bei den Jüngsten, vor allem bei der zweiten Ausländergeneration: «Gerade bei Migranten aus sozioökonomisch schwächeren Milieus sollte schon im Vorschulalter eine Intervention stattfinden», fordert er. Denn in diesem jungen Alter könne noch vieles in die Bahnen gelenkt werden.
Ausserdem müsse man Sorge dazu tragen, dass möglichst niemand den schulischen Anschluss verpasse. Und später, bei erwachsenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, sei die Weiterbildung zentral, so Müller weiter.
Den Anschluss nicht verpassen
Darauf weist auch Zorica Ivic hin. Die heute 40-Jährige kam im Alter von 11 Jahren aus Kroatien in die Schweiz. Heute ist sie Fachberaterin Früchte und Gemüse bei der Migros Aare. Es sei wichtig, sich weiterzuentwickeln – «wie es die Umwelt auch tut», sagt sie. Man müsse am Ball bleiben und das Neuste stets in den persönlichen Rucksack packen.
Selbst wenn die klassischen Kassen verschwinden, werde es auch in Zukunft im Detailhandel noch Mitarbeiter brauchen – vor allem aber solche, die technologisch auf dem aktuellen Stand seien. So seien Smartphone oder Tablet schon heute nicht mehr aus ihrem Arbeitsalltag wegzudenken, sagt Ivic. Hier dürfe man den Anschluss nicht verpassen.
Die Eidgenössische Migrationskommission sieht auch die Politik und die Unternehmen in der Pflicht, die Angestellten bei diesem Prozess zu unterstützen, etwa mit Weiter- und Fortbildungsangeboten. Allerdings heisst es von Seiten der Kommission, die Politik habe bislang noch zu wenig reagiert. Viele Poliltiker unterschätzten noch die integrationspolitischen Konsequenzen des wirtschaftlich-technologischen Wandels.