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Pferde galoppieren über die Weide
Legende: Mit Rossfleisch wird in der Schweiz immer wieder geschummelt. Colourbox/symbolbild

Schweiz Pferdefleisch in Schweizer Würsten

Die Schweiz gerät in den Strudel des Pferdefleisch-Skandals: In einer Coop-Lasagne ist nicht-deklariertes Rossfleisch enthalten. Die Berichte der kantonalen Labors zeigen: Immer wieder wird Fleisch verschiedener Tierarten in Produkten verwendet – und nicht deklariert.

«Zur Verbesserung des Geschmacks» haben mehrere Metzger bewusst grössere Mengen Pferdefleisch in ihre Würste verpackt. Entsprechend gekennzeichnet haben sie ihre Würste aber nicht. So steht es im Jahresbericht 2005 des Aargauer Amtes für Verbraucherschutz. Ein Drittel der untersuchten Würste, die mehrheitlich im Inland produziert wurden, enthielten 10 bis 40 Prozent Pferdefleisch.

92 Prozent Pferdefleisch in einer Wurst

Pferdefleisch in Coop-Lasagne

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Der Pferdefleisch-Skandal hat die Schweiz erreicht. Coop bestätigt den Gehalt von Pferdefleisch in seiner Lasagne. mehr

Zwei Jahre später berichtete das Kantonale Labor Zürich, in einem Drittel seiner Würste ebenfalls Pferdefleisch in grösseren Mengen gefunden zu haben. Eine Wurst enthielt ganze 92 Prozent. Auch 2008, 2009 und 2011 wurde von nicht-deklariertem Pferdefleisch berichtet.

Die Jahresberichte der kantonalen Labors zeigen weiter: Geschummelt wird auch mit Fleisch von Kaninchen, Lamm, Ziegen oder Schafen sowie mit Poulet oder Trutenfleisch. Besonders häufig wird mit Schweinefleisch gemogelt. Vor allem, um solche Produkte zu «strecken», die eigentlich einen höheren Rind- oder Kalbfleischanteil enthalten sollten.

Ein Beispiel dafür sind Kalbsbratwürste, die aus mindestens 50 Prozent Kalbfleisch bestehen müssen. Aber auch Produkte «ohne Schweinefleisch» enthalten manchmal gerade solches.

Identifikation dank PCR

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Mit der PCR-Methode kann man verschiedene Tierarten in einem Fleischerzeugnis anhand deren DNA nachweisen. Üblicherweise werden in den Kantonalen Labors sieben Tierarten erfasst: Rind, Schwein, Pferd, Huhn, Trute, Schaf und Ziege. Der Fremdfleisch-Anteil darf ein Prozent nicht überschreiten.

Was sagt der Zürcher Kantonschemiker Rolf Etter zu den regelmässigen Vorkommnissen? «Die Befunde täuschen vor, solche Fälle seien in der Schweiz häufig – das sind sie aber definitiv nicht.» Die regelmässigen Funde erklärt er damit, dass man oft gezielt Produkte untersuche, bei denen bereits ein Verdacht bestehe. Zudem würden bei einem entdeckten Mangel häufig mehrere Proben untersucht. Dadurch erhöhe sich der Anteil mangelhafter Ware scheinbar. «Aber es gibt natürlich immer wieder Einzelfälle – und einzelne Leute, die zu täuschen versuchen», sagt Etter.

Der Konsument darf nicht getäuscht werden

Wegen des europäischen Rossfleischskandals haben Kantonschemiker verschiedene Fleischproben von Schweizer Geschäften analysiert. Am Freitagmorgen werden sie ihre Resultate präsentieren. Dass auch sie Pferdefleisch entdecken, ist durchaus möglich. Dabei muss es nicht zwingend von der Quelle stammen, die das Rossfleisch in die Lasagnen in Europa brachte.

Wie soll deklariert werden?

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Die Verwendung von Fleisch verschiedener Tierarten in Würsten, Ravioli oder Lasagne ist gesetzlich erlaubt. Das bestätigt der Solothurner Kantonschemiker Martin Kohler. «Aber die Tierart muss zwingend deklariert sein», sagt er. Wäre die Lasagnen, in denen Pferdefleisch gefunden wurde, auch «mit Pferdefleisch» deklariert worden, so hätte es keinen Grund für einen Skandal gegeben, sagt Kohler. Denn dann hätte sich der Konsument aus freien Stücken für eine Pferdefleisch-Lasagne entscheiden können. Für Kohler bleibt das oberste Gebot: «Der Konsument darf nicht getäuscht werden.»

(muei)

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