Das laufende Jahr ist für Europas Statistikerinnen und Statistiker ein wichtiges Jahr. Sie berechnen die Wirtschaftsleistung nach neuen Methoden. In der Schweiz lässt die neue Berechnungsart das Bruttonationalprodukt um über fünf Prozent nach oben schnellen.
Was trocken tönt, hat handfeste Folgen: Auf einen Schlag rutscht die Schweizer Entwicklungshilfe unter den Zielwert von 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Nach der alten Berechnungsart hätte sie das Ziel nächstes Jahr erreicht.
Ziel soll 2017 erreicht werden
Was nun? Für die Linke ist der Fall klar: Die Schweiz müsse die Entwicklungshilfe weiter aufstocken. SP-Nationalrätin Claudia Friedl hat bereits gerechnet: «Mit der neuen Berechnung muss die Schweiz 200 Millionen zusätzlich aufwenden, um das Ziel von 0,5 Prozent zu erreichen.» Die Eidgenössische Finanzverwaltung bestätigt die Zahl.
Auf Anfrage von Radio SRF gibt das zuständige Aussendepartement EDA erstmals bekannt, dass wegen der Änderung der Berechnungsmethode eine Erhöhungsrunde geplant ist. Das EDA schreibt: «Der Gesamteffekt sollte (...) ab 2017 aufgefangen werden können.» Ab 2017 möchte also das Departement von Bundespräsident Didier Burkhalter den 0,5-Prozent-Zielwert mit zusätzlichem Geld erreichen.
Budget-Erhöhung umstritten
Entscheiden wird das Parlament. Erwartungsgemäss lehnt die SVP zusätzliche Mittel ab. «Die Schweiz ist in absoluten Zahlen sehr stark engagiert in der Entwicklungshilfe und das reicht meiner Meinung nach aus», meint Nationalrat Maximilian Reimann.
FDP-Ständerat Felix Gutzwiller hingegen hat Verständnis für die Pläne von Entwicklungshilfe-Minister Burkhalter. «Wenn neue Methoden, die von allen eingesetzt werden, zu Korrekturen führen, ist es richtig, dass wir Anpassungen vornehmen.» Er sei aber angesichts der Debatte um das Landwirtschafts-Budget unwahrscheinlich, dass dies im Parlament durchkomme.
Stufenweise Erhöhung?
Auch in der Mitte gibt es daran Zweifel. Wenn das Bruttonationaleinkommen durch Wirtschaftswachstum steige, dann müsse die Entwicklungshilfe mitwachsen, sagt CVP-Nationalrätin Kathy Riklin. Denn das hiesse eigentlich, dass auch die Steuereinnahmen steigen. Im konkreten Fall aber steige das Bruttonationaleinkommen nur, weil anders gerechnet werde. Das mache eine Erhöhung um 200 Millionen Franken schwierig. «Diese Summe müsste man woanders sparen, etwa bei der Bildung oder dem öffentlichen Verkehr.»
Bedingungslos für eine neue Aufstockung sind also nur links-grüne Parlmentarier. Man müsse einen Kompromiss finden, sagt CVP-Politikerin Riklin. Stufenweise mehr Geld zum Beispiel. Wie schon in der Vergangenheit. Die Debatte ist lanciert.