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Regierungswahlen im Kanton Neuenburg
Aus Tagesschau vom 28.04.2013.
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Schweiz Politologe macht dem freisinnigen Patienten Mut

«Denk' ich an die FDP in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht» – könnten sich einige Parteianhänger nach den letzten Wahlen gesagt haben. Egal ob im Wallis, Neuenburg oder in Zürich – überall verlor man Stimmen, Sitze und Posten. Doch wie dramatisch ist die Lage der Partei wirklich?

«Ich kann sehr gut verstehen, wenn einige in den jüngsten Wahlergebnissen einen Indikator für einen Niedergang der FDP sehen wollen», sagt der Berner Politologe Tomislav Milic. Allerdings seien das aus seiner Sicht Spezialfälle. Deshalb auf allgemeine Tendenzen zu schliessen, halte er für falsch.

Kleines Debakel in Neuenburg

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Bei den Wahlen zum Kantonsparlament behauptete sich die FDP als stärkste Kraft, verlor jedoch 6 Sitze. Für lange Gesichter sorgte auch die 1. Runde der Regierungswahlen. Dabei kamen die bisherigen FDP-Staatsräte Thierry Grosjean und Philippe Gnaegi nur auf die Ränge 7 und 9. Gnaegi zog die Konsequenzen. Er tritt im zweiten Wahlgang nicht mehr an.

Nehme man zum Beispiel die Wahlen in Zürich, dann sei der Kandidat Marco Camin schon im Vorfeld parteiintern umstritten gewesen. Da es bei der Wahl zudem nur um einen Sitz gegangen sei, habe die FDP die Wählerschaft vermutlich weniger gut aktivieren können, so Milic.

Im Wallis habe man dagegen auch ein gutes Stück Pech gehabt. Der Kandidat Christian Varone sei ganz sicher keiner schlechter gewesen, aber die Affäre um den vermeintlichen Stein-Klau habe dann eine Eigendynamik entwickelt. Der hätten sich weder der Kandidat noch die Partei entziehen können, sagt Milic.

«Zudem ging der erste Wahlgang mit der Abzocker-Initiative einher. Das hatte eine starke Aktivierung linker und national-konservativer Wähler zur Folge.» Im Gegensatz dazu habe die Stimmbeteiligung der FDP-Klientel sehr tief gelegen.

Mitte-Parteien graben FDP das Wasser ab

Was die Themen angeht, so hält der Politikwissenschaftler die Partei auch künftig gut aufgestellt. «In der Wirtschaftspolitik wird die FDP von der Wählerschaft immer noch als sehr kompetent betrachtet», weiss Tomislav Milic.

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Wo es beim Schweizer Freisinn harzt
aus Echo der Zeit vom 29.04.2013. Bild: Keystone
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Hinzu komme die Europapolitik, bei der die Freisinnigen einen weitaus pragmatischeren Kurs einschlagen würden als beispielsweise die SVP. Für den von der FDP bevorzugten bilateralen Weg findet sich laut dem Politologen eine breite Mehrheit.

«Allerdings gelingt die Vermittlung der Themenführerschaft nicht sonderlich erfolgreich», sagt Tomislav Milic. Hinzu komme, dass die Partei zunehmend das Monopol auf Positionen der Mitte verliere und die neuen Parteien BDP und GLP der FDP teilweise das Wasser abgraben würden.

Das sei vor allem bei der Verknüpfung von Wirtschafts- und Umweltpolitik der Fall. «Zwar nimmt auch die FDP inzwischen pragmatischere Positionen ein, aber auch das kann sie dem Wähler nur selten vermitteln», so Milic.

«Wähler könnten den neuen Parteichef erfrischend finden»

Personell sieht Tomislav Milic die Freisinnigen gut aufgestellt – sowohl in der Spitze als auch in der Breite. Man habe weniger Probleme als GLP oder BDP geeignete Kandidaten für Wahlen zu finden.

Auch Parteichef Philipp Müller könnte laut Milic eine gute Wahl sein. «Ich glaube, dass er ganz gut ankommt – vor allem bei Wählern die etwas rechts von der Mitte stehen.» Müller ecke mit seinen Positionen ganz bewusst an. Das unterscheide ihn von seinem zur Konkordanz neigenden Vorgänger Fulvio Pelli deutlich. «Wähler könnten das erfrischend finden», glaubt Milic.

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Tomislav Milic forscht und lehrt am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern. Er gilt als Experte für das Schweizer Abstimmungs- und Wahlverhalten. Seine Forschungen beschäftigen sich vor allem mit Meinungsbildungsprozessen beziehungsweise gehen der Frage nach, wie sich der Wahlbürger ein Urteil zu Parteien oder Sachfragen bildet.

Weniger erfrischend mag dem einen oder anderen Wähler die Diskussion um Frauen in der Politik und eine spezielle Frauenquote erscheinen. Die FDP-Klientel selbst lässt sich dadurch wohl nicht verschrecken. «Man will Frauen fördern, aber keine starre und hohe Frauenquote – das will die Mehrheit der Wähler auch», so Milic. Von daher sei das keine schlechte Position.

Bessere Themenvermittlung, dann klappt's auch mit dem Wähler

Auch wenn die Partei momentan eine Durststrecke durchleidet, könne er keine Erosionstendenzen bei der FDP erkennen, urteiltTomislav Milic. «Ich glaube vielmehr, dass die FDP sich von den vereinzelten Rückschlägen erholen wird und es bei kommenden Wahlen nicht in diesem Stil weitergeht.»

Voraussetzung dafür sei aber, dass die FDP künftig im Vorfeld von Wahlen geeignete Kandidaten aufstellt und bei den Wählern ureigene FDP-Themen besser vermittelt als bisher.

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