Angeregt wurde in der «Arena» über die Initiative «Gegen Masseneinwanderung» diskutiert. Wie die aktuelle SRG-Umfrage zeigt, sind 46 Prozent der Befragten bereit, die bilateralen Verträge dafür aufs Spiel zu setzen.
«Beziehung auf Augenhöhe»
Bundespräsident Didier Burkhalter mahnte zur Vorsicht, um die funktionierende Beziehung zur EU nicht zu gefährden. Die EU sei der wichtigste Partner der Schweiz, sagte Burkhalter. Das deutsche Bundesland Baden-Württemberg beispielsweise sei für die Schweiz so wichtig wie Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zusammen.
Man müsse an der Zukunft des Schweizer Wegs in Europa arbeiten, so Burkhalter. «Und der Bundesrat glaubt, dass der bilaterale Weg der Beste ist. Sieben Mal hat auch die Schweizer Bevölkerung diesbezüglich Ja gesagt.» Die EU habe grosses Interesse an einer guten Beziehung mit der Schweiz. Und diese solle bilateral und auf Augenhöhe stattfinden, plädierte Burkhalter.
Skepsis des Mittelstandes
Die Umfrageresultate zur SVP-Initiative zeigen eine wachsende Skepsis in der Mittelschicht auf. Darum sei es wichtig, dass man die echten Probleme zusammen anpacke, so Burkhalter. Der Bevölkerung müssten Lösungen für deren Ängste und realen Probleme aufgezeigt werden. So würden zum Beispiel immer mehr Kontrollen gegen Lohndumping vorgenommen.
Laut der SRG-Umfrage sieht es momentan nach einem Nein für die Masseneinwanderungsinitiative der SVP aus. Thomas Aeschi, Nationalrat SVP/ZG, spricht dabei von einem gemischten Resultat.
«Weil es sich um eine SVP-Initiative handelt und Economiesuisse gegen die SVP schiesst, sagte die Bevölkerung Nein», meint Aeschi. Doch 60 Prozent der Befragten stimmten den Argumenten zu, dass es Lohndruck gebe, dass es der Bevölkerung heute schlechter gehe mit der Zuwanderung als vor der Personenfreizügigkeit.
Lukas Lanzrein, Juns (Junge für eine unabhängige und neutrale Schweiz) widersprach dem Argument von Bundesrat Burkhalter, dass die SVP-Initiative mehr Bürokratie verursachen würde. Dies sei aber bei den flankierenden Massnahmen der Fall. Diese würden zudem den freien Schweizer Arbeitsmarkt nachhaltig zerstören. Die Initiative stelle eine massvolle Korrektur dar. «Wir wollen unsere Zuwanderung wieder selber steuern», sagte Lanzrein.
Ängste vorhanden
Christa Markwalder, Nationalrätin FDP Liberale/BE, schätzte die SVP-Initiative als gefährlich ein. Diese würde die Schweiz von der EU abschotten und unzählige Probleme mit sich bringen, auch bezogen auf die Bilateralen I.
In der Bevölkerung existierten tatsächlich diffuse Ängste, wie zum Beispiel der Wettbewerb um Arbeitsplätze. Nicht korrekt sei aber die Aussage, dass die Löhne gesunken seien, so Markwalder. Der Wohlstand in den letzten zehn Jahren habe sich auch dank der Bilateralen massiv verbessert.
Auch Elisabeth Schneider-Schneiter, Nationalrätin CVP/BL, stellte fest, dass in der Bevölkerung Ängste vorhanden seien. Diese müsse man ernst nehmen. «Darum ist es ganz wichtig, dass die flankierenden Massnahmen nicht nur erweitert, sondern auch durchgesetzt werden.» Auch Jean-Christophe Schwaab, Nationalrat SP/VD, und Balthasar Glättli, Nationalrat Grüne/ZH, sprechen die Sorgen der Bevölkerung an. Doch die Initiative der SVP biete keine Lösungen.
Die EU möchte, dass die Schweiz sich künftig nicht nur wirtschaftlich sondern auch rechtlich stärker einbinden lässt. Der Bundesrat wolle darüber verhandeln, um die institutionellen Probleme zu lösen, so Burkhalter. In der Runde wird kontrovers darüber debattiert, ob die Regierung damit die Souveränität der Schweiz wahrt – oder dem Land fremde Richter beschert.
Junge im Fokus
Sein Präsidialjahr stellt Didier Burkhalter unter das Motto: «Die Schweiz und die Welt: Jugend, Arbeit, Öffnung». Im letzten Teil der «Arena» bekamen Handelsschüler aus Rheinach (BL) die Gelegenheit, dem Bundespräsidenten Fragen zu Stellen. Das Thema Einwanderung gab auch in dieser Runde zu reden.
Zudem wurde über mangelndes Politikwissen bei den Jugendlichen diskutiert. Doch diese Meinung teilt der Bundespräsident nicht. «Was in meiner Stadt passiert, mit meiner Zukunft, das sind Fragen, die die Jugendlichen interessieren.»
Die Frage sei, wie man Politik definiere, so Schneider-Schneiter. «Nicht zu wissen was Fabi ist, heisst nicht, dass man sich nicht für Politik interessiert.» Im Alltag mache man andauernd Politik.