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Zwei Securitas-Angestellte patrouillieren beim Asylzentrum Alpnach
Legende: Private Sicherheitsdienste im öffentlichen Raum – ein Trend, der Fragen aufwirft. Keystone

Schweiz Private Sicherheitsdienste – dein neuer Freund und Helfer?

Man kennt es aus den USA: Bürgerwehren marschieren durch die Strassen und nehmen das Gesetz auch mal in die eigene Hand. Davon ist man hierzulande weit entfernt. Doch auch bei uns patrouillieren immer mehr private Sicherheitsdienste auf öffentlichem Grund – Tendenz steigend.

«Die Kantonspolizei sorgt mit präventiven und repressiven Massnahmen sowie durch sichtbare Präsenz für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.» So steht es mehr oder weniger in jedem Polizeigesetz der Schweiz. Doch immer öfter übernehmen private Sicherheitsdienste diese Aufgabe. In La-Chaux-de-Fonds- schickt neuerdings sogar eine Versicherung private Ordnungshüter auf Patrouille, um mögliche Einbrecher abzuschrecken.

Umstrittener Feldversuch der Mobiliar

Sobald es dämmert, setzt sich in der Uhrenstadt ein Securitas-Mitarbeiter in einem Auto mit dem Schriftzug der Mobiliar in Bewegung. Die Versicherung hat die Sicherheitsfirma damit beauftragt, für sie auf Patrouille zu gehen. Denn in der in La-Chaux-de-Fonds gibt es besonders viele Einbrüche – und das kostet die Mobiliar viel Geld.

In ein paar Monaten liegen die Ergebnisse des Feldversuchs vor, der gerade zu Ende gegangen ist. Klar ist jetzt schon: Erzielt der Securitas seine abschreckende Wirkung, und vermindert sich also die Zahl der Versicherungsfälle, überlegt sich die Mobiliar, Patrouillen gegen Einbrecher flächendeckend einzuführen.

Grosse Popularität bei Gemeinden

Sie läge damit voll im Trend: Der Einsatz von privaten Sicherheitsdiensten auf öffentlichem Grund nimmt zu. Dass auch Versicherungen mitmachen, ist allerdings neu. Denn im Moment sind in erster Linie die Gemeinden Auftraggeber der privaten Sicherheitsleute.

Roman Lehmann von der Sicherheitsfirma Protectas stellt eine verstärkte Nachfrage fest: «Vor allem in den letzten zehn Jahren beanspruchen immer mehr Gemeinden diese Leistung.» Jedes Jahr kämen mehr als zehn Gemeinden hinzu, in allen Landesteilen.

«Das subjektive Sicherheitsgefühl verstärken»

Eine Gemeinde, die seit 2009 auf private Sicherheitsdienste setzt und damit zufrieden ist, ist Rapperswil-Jona. Sicherheitsvorsteher Roland Manhart erklärt, warum: «Wir wollten eine weitere Schiene in der Sicherheitsfrage der Gemeinde auftun – und damit das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung.» Anders gesagt: Viele Menschen fühlen sich heute offenbar nicht rundum sicher, trotz Polizei.

Ein weiterer Grund für die privaten Patrouillen sei jedoch auch der Kostenpunkt, ergänzt Manhart. Denn es wäre deutlich teurer, Polizisten einzustellen für die Arbeit der privaten Sicherheitsdienste.

Günstiger – aber weniger Kompetenzen

Protectas-Sprecher Lehmann erklärt, warum: «Bei solchen Patrouillen geht es um Sachbeschädigungen, Nachtruhestörungen, Littering.» Und dafür brauche es nun einmal keine Polizei: «Eine Kantonspolizei würde sich eher nicht von einer Gemeinde beauftragen lassen, nachts Toiletten abzuschliessen. Deswegen sehe ich darin eher eine Ergänzung.»

Damit ist Max Hofmann, Generalsekretär des Verbands Schweizerischer Polizeibeamter, noch einverstanden. Aber: «Wenn es etwas passiert, wo man einschreiten und kontrollieren muss, ist das nicht möglich. Denn hierzu fehlen ihnen die Kompetenzen.» Denn Leute anhalten darf nur die Polizei. Die privaten Sicherheitsleute vermitteln laut Hofmann also bloss scheinbar Sicherheit.

Polizei plädiert für Umdenken der Gemeinden

Noch bedenklicher findet Hofmann, dass einige Gemeinden eigens ihre Polizeireglemente ändern, um Securitas und Protectas ein gewisses Mass an Polizeiarbeit zu erlauben. Er plädiert denn auch für ein Umdenken: «Man sollte die Mittel dafür einsetzen, mehr Polizistinnen und Polizisten auszubilden.» Diese sollten dann auch in den Gemeinden eingesetzt werden, so Hofmann.

Sollten jetzt auch noch die Versicherungen auf den Geschmack kommen in Sachen private Sicherheitsdienste, dürfte dies grosse Diskussionen auslösen.

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