Darf‘s Wasser- oder lieber Solar- oder doch Atomstrom sein? Fast überall in der Schweiz können die Kunden heute wählen, wie ihre Energie produziert werden soll. Anfangs waren die Elektrizitätswerke überfordert mit der überraschend hohen Nachfrage nach Ökostrom.
So hatte die Bevölkerung der Stadt Zürich vor sechs Jahren erstmals die Wahl zwischen fünf verschiedenen Stromprodukten. Sie wählte mehr hochwertigen Ökostrom als erwartet, obschon dieser teurer ist.
Ursula Stocker vom Verein für umweltgerechte Energie (VUE) erklärt, man sei damals überrascht gewesen von der Bereitschaft, freiwillig mehr für Strom zu bezahlen. Der VUE zertifiziert den ökologischen Strom.
Die Elektrizitätswerke in der ganzen Schweiz reagierten auf die grosse Nachfrage und produzieren heute deutlich mehr ökologischen Strom als die Kundinnen und Kunden nachfragen. Dies zeigen die neusten Zahlen des VUE.
Überangebot schafft Liefersicherheit
Problematisch sei das überhaupt nicht, findet Ursula Stocker: «Für uns ist das eher beruhigend.» So gebe es eine grosse Liefersicherheit und zudem sei man beim VUE glücklich, dass überhaupt ein Zuwachs stattfinde.
Machte der Anteil an Ökostrom in Zürich beispielsweise anfangs rund sechs Prozent des Gesamtkonsums aus, so ist es heute mehr als doppelt so viel. Doch auch das reicht noch bei weitem nicht für die Energiewende, gibt Stocker zu.
Viele Konsumenten verstünden heute nicht, warum sie mit einem Aufpreis den Neubau von Sonnenkollektoren oder die Sanierung von Wasserkraftwerken mitfinanzieren sollten, während aus ihrer Steckdose derselbe Strommix fliesse wie überall.
Energiewende gelingt nur mit noch mehr Ökostrom
Energiefachfrau Stocker vergleicht die Stromproduktion mit einem See: Was aus dem See hinausfliesse, sei bei jeder Leitung dasselbe. Bei den Zuflüssen allerdings gebe es grosse Unterschiede.
«Wenn Sie für Solarenergie bezahlen, dann wird die Solarenergie in diesen See eingespiesen, weil Sie die Produktion dafür ermöglichen.» Erst wenn sehr viele dies täten, werde dann auch der Strommix aus der Steckdose verändert, so Stocker weiter.
Soll die Zufuhr von Atomstrom gekappt werden, müssen also noch viele «erneuerbare» Zuflüsse gebaut werden – freiwillig finanzierte, aber auch staatlich subventionierte.