Zum Inhalt springen
Gottfried Locher
Legende: Gottfried Locher, Ratspräsident des Evangelischen Kirchenbundes: Je nach Kultur gebe es unterschiedliche Ansichten. Keystone

Schweiz Rat der Religionen sucht einen Weg aus der Bedeutungslosigkeit

Christen, Juden und Muslime suchen im Rat der Religionen den Dialog. Gerne würde das Gremium, das morgen das zehnjährige Bestehen feiert, eine grössere Rolle spielen. Die Krux: Der Rat äussert sich nur dann öffentlich, wenn er sich auch einig ist. Und das kommt zu selten vor.

Manchmal geht es hinter verschlossenen Türen hoch zu und her. Vier Mal pro Jahr treffen sich Juden, Muslime und Christen im Schweizerischen Rat der Religionen zu einer Aussprache. Zum Beispiel nach den Anschlägen auf die Redaktion des islamkritischen Satiremagazins «Charlie Hebdo» in Paris.

Zwar waren sich alle einig, dass Terrorismus zu verurteilen sei. «Aber», sagt Gottfried Locher, der Ratspräsident des Evangelischen Kirchenbundes, «da war auch die Frage: Wie weit geht Meinungsfreiheit? Und wie weit darf Satire gehen?» Da gebe es je nach Kulturkreis unterschiedliche Ansichten, die aufeinander getroffen seien, so Locher.

«Am Schluss haben wir uns zusammengerauft»

Auch Herbert Winter, Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes, hat die Sitzung noch in lebhafter Erinnerung. «Am Schluss haben wir uns zusammengerauft zu einer gemeinsamen Stellungnahme. Aber es war ein Thema, das nicht so leicht zu bewältigen war.»

Solche offenen Diskussionen im Rat der Religionen seien wertvoll, ergänzt Protestant Locher. Das Problem ortet er woanders: In der Öffentlichkeit werde das interreligiöse Gremium nur selten wahrgenommen. Dabei hätten seine Vertreter in gesellschaftlichen und politischen Diskussionen gerne ein grösseres Gewicht.

So sagt Farhad Afshar, der Leiter der Koordination Islamischer Organisationen Schweiz: «Der Rat sollte aktiver in die Öffentlichkeit treten und sagen: Diese Werte sind Grundwerte. Zum Beispiel der Schutz des Lebens.»

Auf der Suche nach einem Konsens

Von der Flüchtlingspolitik über Bildungsfragen bis zu sozialen Anliegen gäbe es viele Themen. Das Problem ist, dass sich der Rat der Religionen nur dann zu einem Thema öffentlich äussert, wenn zwischen den jüdischen, muslimischen und christlichen Vertretern ein Konsens herrscht. Und der ist eben nicht immer so einfach zu erreichen, wie das Beispiel von Charlie Hebdo gezeigt hat.

Morgen Sonntag wird sich der Rat der Religionen anlässlich des 10-Jahr-Jubiläums der Öffentlichkeit präsentieren. In einem Sonderzug quer durch die Schweiz suchen die Vertreter des Rates das Gespräch mit interessierten Mitreisenden.

Meistgelesene Artikel