Die Schweizer Reisebüros haben 2014 ihren Umsatz steigern können. Durchschnittlich haben die rund 2000 Reisebüros im letzten Geschäftsjahr je 4,7 Millionen Franken umgesetzt. Das sind laut Informationen des Schweizer Reiseverbands (SRV) 2,9 Prozent mehr als im Vorjahr.
Jahresbeginn am wichtigsten
Hat Kuoni seinen Entscheid, das Reisebürogeschäft aufzugeben, zu früh getroffen? «Nein», sagt Christian Laesser, Professor für Tourismus und Dienstleistungsmanagement an der Universität St. Gallen. «Es handelt sich bei Kuoni um eine strategische Entscheidung.» Das Geschäft sei offensichtlich – unabhängig der gesamtschweizerischen Entwicklung – nicht mehr rentabel gewesen. «Zudem ist Umsatz nicht gleich Rendite.»
Trotz des höheren Umsatzes zeigen sich bei den Reisebüros auch Schwierigkeiten. Vor allem spüren sie die Konkurrenz aus dem Internet. Die Zahl der Reisebüros in der Schweiz – und mitgezählt sind da auch die einzelnen Filialen der grossen Anbieter – ist denn letztes Jahr auch um rund 50 gesunken. Allerdings können sich die Reisebüros offensichtlich auf dem Markt behaupten. SRV-Geschäftsführer Walter Kunz spricht sogar von einer Renaissance der Reisebüros.
So habe sich die positive Umsatzentwicklung des Vorjahres auch in den ersten Tagen des neuen Jahres fortgesetzt. Die ersten Monate des Jahres sind für Reisebüros eine wichtige Zeit, weil dann die meisten Leute ihre Ferien für den Sommer und den Herbst buchen.
Beratung bei komplexen Reisen wichtig
Dass Reisewillige dies nicht nur im Internet tun, sondern dafür offenbar sogar wieder vermehrt ins Reisebüro gehen, dafür sieht Kunz verschiedene Gründe. Beispielsweise würde die Schwierigkeit, aus der Vielfalt der Angebote auf den Internetplattformen das Richtige auszuwählen, den Reisebüros in die Hände spielen. «Gerade bei komplexeren Reisen greift man da gerne auf eine Beratung zurück.»
Ein weiterer Grund dafür, dass viele Kunden bereit sind, die im Reisebüro zusätzlich erhobene Beratungspauschale zu bezahlen, sind für Kunz Sicherheits- und Qualitätsüberlegungen. Denn anders als bei Direktbuchungen übers Internet habe man bei Buchungen in Reisebüros bei Schwierigkeiten eine Ansprechperson. Zudem sei man durch die Bestimmungen des Pauschalreisegesetzes geschützt.
Eyjafjallajökull als Zäsur
Kunz sagt, dass rückblickend der Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull auf Island, der 2010 über mehrere Tage hinweg den Flugverkehr über Teilen Europas zum Erliegen gebracht hatte, die Trendwende zugunsten der Reisebüros eingeläutet habe.
Damals hätten unzählige Reisende, die Einzelleistungen online gebucht hatten, Probleme beim Buchen und bei Rückerstattungen gehabt.«Das hat selbst überzeugte Internetkunden zurück ins Reisebüro gebracht», so Kunz.
Christian Laesser sieht das Potenzial der Reisebüros auch bei den älteren Leuten. Kurz vor oder nach der Pensionierung würden viele Menschen reisen – und auch komplexe Angebote wünschen. Diese fänden sie vermehrt in den klassischen Reisebüros.
Eine Branche mit Vergangenheit und Zukunft
Dennoch bleibt das Internet der wichtigere Buchungskanal: In einer Umfrage des Reiseversicherers Global Assistance haben 22 Prozent der Befragten angegeben, ihre Reisen im Reisebüro zu buchen. 63 Prozent setzen dabei offenbar voll aufs Internet.
Ob sich die Kuoni-Reisebüros unter den Fittichen eines anderen Anbieters am Markt halten können, kommt laut Christian Laesser auf den Käufer an. Dennoch will er die Branche nicht abschreiben. Vielen Reisebüros sei es gelungen, Nischen zu finden und neue Einnahmequellen zu generieren. «Die Leute brauchen Unterstützung. Es ist keine Industrie, die komplett verschwindet.»