Die Jodtabletten sind im Ernstfall die erste Massnahme zum Schutz vor Radioaktivität bei einem AKW-Unfall. Alle zehn Jahre verteilt der Bund diese im Umkreis von Atomkraftwerken – heuer erstmals in einem Radius von 50 Kilometern um ein AKW. Bislang waren es 20 Kilometer.
Die Privathaushalte haben ihre Jodtabletten bereits Ende des letzten Jahres erhalten. Bei der Verteilung in Betrieben, Verwaltungen und Schulen ist es aber zu Verzögerungen gekommen.
Nicht alle Daten eingereicht
Eigentlich hätten Betriebe und öffentliche Einrichtungen ihre Jod-Tabletten bis Ende März erhalten sollen. Hätten – sagt Max Zulliger von der zuständigen Geschäftsstelle Kaliumiodid-Versorgung. Hauptgrund für die Verzögerung seien die Daten zu den Angestellten – bei den rund 300‘000 betroffenen Betrieben liegen erst die Zahlen zum Jahr 2012 vor. Und zu den Angestellten von Spitälern, Schulen oder anderen öffentlichen Einrichtungen fehlten die Angaben aus den Gemeinden noch.
Was also bei einem Störfall in einem Atomkraftwerk? Zulliger: «Die Betriebe und öffentlichen Einrichtungen in den Zonen 1 und 2 sind ja von der frühen Verteilung mit Jod-Tabletten versorgt. Und darüber hinaus, was ausserhalb dieser 20 Kilometer-Zone ist, die Zone 3, auch dort hätten wir genügend Jod-Tabletten, die wir unmittelbar zur Verfügung stellen könnten.» Bis Mitte Jahr sollen dann alle im 50-Kilometer-Umkreis ihre Jodtabletten erhalten haben.
Gleich zwei Projektleiter ausgefallen
Auch die Antworten der Gemeinden gehen zögerlicher ein als erwartet. Gemeinden innerhalb eines Radius' von 50 Kilometern rund um ein Atomkraftwerk müssen der Geschäftsstelle melden, wie viele Schüler ihre Schulen besuchen und wie viel Personal sie in öffentlichen Einrichtungen wie Spitälern beschäftigen. Kleine Gemeinden hätten sich rasch einen Überblick verschaffen können, bei grossen Gemeinden und Städten sei das schwieriger.
Daneben wurde die Geschäftsstelle selbst noch vom Pech verfolgt: Die beiden Projektleiter verunfallten beide innerhalb von zwei Tagen bei Sportunfällen und fielen für mehrere Wochen aus. «Bis die für sie Eingesprungenen richtig eingearbeitet waren, gingen zwei bis drei Wochen ins Land», sagte Zulliger. Dadurch verzögerte sich die Verteilung zusätzlich.
Kein Schutz vor anderen Substanzen
Die Tabletten dürfen nur auf Anordnung der Behörden eingenommen werden. Bei einem AKW-Unfall kann radioaktives Jod in die Umgebung austreten. Dieses wird vom Menschen durch die Atemluft aufgenommen und reichert sich in der Schilddrüse an. Die Tabletten verhindern die Aufnahme von radioaktivem Jod in die Schilddrüse.
Die Umweltorganisation Greenpeace kritisiert, die Jodtabletten schützten zwar gegen radioaktives Jod, nicht aber gegen andere radioaktive Substanzen, die bei einem Atomunfall austreten könnten. Ein wirksamerer Schutz sei die Stilllegung der Atomkraftwerke.