Polizisten verhaften Polizisten: In der Schweiz alles andere als der Normalfall. Gleich fünf Zürcher Polizisten der Fachgruppe Milieu/Sexualdelikte wurden im Nachgang einer Razzia im Nachtclub Chilli's verhaftet.
Die Vorwürfe: Bestechung, Begünstigung, Amtsmissbrauch und weitere Delikte. Zwei der Polizisten sind unterdessen wieder auf freiem Fuss, drei befinden sich in Untersuchungshaft. Was hier in bester Krimi-Machart daherkommt, erstaunt den Korruptionsexperten von Transparency International (TI) Schweiz nicht.
«Die Schweiz ist keinesfalls frei von Bestechung und Korruption», sagt Jean-Pierre Méan, Präsident von TI-Schweiz. «Der jüngste Fall von Zürich ist nur die Spitze des Eisbergs.» Die Dunkelziffer liege international betrachtet bei 95 Prozent, die Schweiz sei keine Ausnahme. «Besonders gefährdet für Korruption sind die Bereiche Gastgewerbe, Bauwesen und die Polizei», so Méan.
Zürich kein Einzelfall
Erst vor zwei Monaten wurde in Basel der Chef der Abteilung Arbeitsbewilligungen wegen Amtsmissbrauch verhaftet. Der Amtsleiter soll bei Grenzgängerbewilligungen geschummelt haben. Die Bewilligungen hätten nicht den Anforderungen des geltenden Ausländergesetzes für EU-2-Staaten entsprochen, teilte die zuständige Behörde offiziell mit. Die Spur führt ins Rotlichtmilieu, wie die «Basler Zeitung» berichtete.
«Sex als Waffe»
Das Sexgewerbe sei besonders stark von Korruption bedroht, so der Korruptionsexperte Méan. «Das Milieu ist eine andere Welt», sagte ihm kürzlich ein Polizist aus der Westschweiz bei einem Interview. Hier würden oftmals sexuelle Dienstleistungen als «Waffe» eingesetzt. Als Gegenleistung wird gelegentliches Wegschauen oder die Lieferung spezifischen Daten erwartet.
Die illegalen Machenschaften beschränken sich längst nicht mehr nur auf die Grossstädte, wie Zürich, Basel oder Genf. Mit der Zunahme von Bordellen ausserhalb der urbanen Zentren seien auch ländliche Gebiete von Korruption und Bestechung bedroht.
Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser
Um der Korruption im Milieu wirkungsvoll begegnen zu können, brauche es speziell geschultes Personal, meint Méan. «Ein Sittenpolizist darf im Dienst nie alleine unterwegs sein.»
Gegenüber der Sendung «10vor10» sagte Daniel Blumer, Kommandant der Stadtpolizei Zürich, man habe unmittelbar nach den ersten Hinweisen interne Ermittlungen aufgenommen. Es sei wichtig, dass nun untersucht werde, was an den Vorwürfen gegen die drei Polizisten der Sittenpolizei dran sei.
«Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler» sagte Blumer weiter. Natürlich sei es nicht vorteilhaft, wenn die Polizei Schlagzeilen wie diese mache, aber «die Bevölkerung der Stadt Zürich kann beruhigt sein, die Stadtpolizei funktioniert.»