Das Genfer Gefängnis Champ-Dollon, das sich wegen Schlägereien seit Sonntag im Ausnahmezustand befindet, kam auch am Donnerstag nicht zur Ruhe. Rund 34 Häftlinge aus dem nordafrikanischen Maghreb weigerten sich, nach dem Spaziergang in ihre Zellen zurückzukehren.
Zunächst war das übliche Verfahren für diesen Fall eingeleitet worden. Nachdem Diskussionen ohne Ergebnis blieben, wurden die renitenten Häftlinge mittels Zwangsmassnahmen wieder in ihre Zellen gebracht, sagte Laurent Forestier, Mediensprecher des Sicherheitsdepartements.
Dieselbe Prozedur wiederholte sich, als sich gegen 15 Uhr acht Maghrebiner und 26 Albaner weigerten, in ihre Zellen zurückzukehren. Erneut musste die Polizei die Wärter unterstützen. Um 16.30 Uhr befanden sich alle Häftlinge wieder in ihren Zellen.
Wärter wollen keine Risiken mehr eingehen
Häftlinge albanischer und nordafrikanischer Herkunft hatten sich im Gefängnis Champ-Dollon von Sonntag bis Dienstag fünf Schlägereien geliefert. Dabei wurden 26 Häftlinge und 8 Wärter verletzt.
Bei den Schlägereien waren jeweils rund 100 Häftlinge beteiligt. Die Situation sei nicht unter Kontrolle, sagte dazu UPCP-Präsident Antonietti. Die Wärter behalten sich die Möglichkeit vor, gegen den Kanton ein Verfahren einzuleiten, um Entschädigungen für moralische oder physische Schäden zu fordern.
Mittlerweile stehen auch bei den Wärtern die Zeichen auf Sturm. Sie verlangen Massnahmen gegen die Missstände bis Ende März. «Wir sind nicht mehr bereit, derartige Risiken zu den aktuellen Bedingungen einzugehen», sagte Christian Antonietti, Präsident der Gewerkschaft der Polizei und Gefängniswärter (UPCP).
Derzeit stünden 342 Wärtern 850 Inhaftierte gegenüber. Dies entspricht einem Verhältnis von 0,40 Wärtern pro Häftling. Das Sicherheitsdepartement verlange jedoch selber mindestens ein Verhältnis von 0,49 Wärtern pro Häftling.
Weniger Häftlinge oder mehr Wärter
Dazu müssen entweder neue Wärter angestellt werden oder die Zahl der Häftlinge verringert werden. Eine Reduktion der Häftlinge im massiv überfüllten Gefängnis sei auch notwendig, um dem Urteil des Bundesgerichts vom Mittwoch gerecht zu werden. Dieses hatte eine Beschwerde von zwei Häftlingen teilweise gutgeheissen und die Haftbedingungen als menschenrechtswidrig bezeichnet.