Den ersten Riss an einem Tiger F5-Kampfjet hat die Luftwaffe im letzten Herbst entdeckt. Vor fünf Tagen nun ist an einem zweiten Flugzeug ein noch grösserer Riss am gleichen Bauteil festgestellt worden. Für die betroffenen Jets führt das vorläufig zum Grounding. Der Chef der Kommunikation Luftwaffe, Jürg Nussbaum, sagt dazu: «Dieser Riss wurde als relativ gravierend eingestuft, also relevant für die Sicherheit.»
Alle einsitzigen 30 Tiger-Flugzeuge, die regelmässig geflogen werden, müssen deshalb einer Kontrolle unterzogen werden. Bei 15 Jets hat man bisher keine Risse gefunden. Bei 13 steht die Kontrolle noch bevor, sie bleiben bis auf Weiteres am Boden. Was mit den beiden beschädigten Jets geschieht, sei offen, sagt der Sprecher der Luftwaffe: «Für die Beurteilung, ob die Reparaturen durchgeführt werden, muss eine Kosten-Nutzen-Rechnung erstellt werden. Diese ist zurzeit noch nicht gemacht.»
Nussbaum betont, es handle sich bei den Rissen um einen normalen Alterungsprozess. Die Tiger sind fast 40-jährig. Da mache eine Reparatur kaum mehr Sinn, findet der österreichische Aviatik-Experte Georg Mader, der für die renommierte Zeitschrift «Jane's Defense Weekly» schreibt: Man könnte da Millionen reinstecken, aber man gewinnt höchstens ein paar Jährchen.»
Amerikaner haben die Risse schon geflickt
Muss das Parlament also die Pläne begraben, die Tiger länger im Betrieb zu halten, als Entlastung für die moderneren F/A-18-Flieger, bis ein neuer Kampfjet beschafft ist? Für SVP-Nationalrat und Berufspilot Thomas Hurter ändert sich durch die Entdeckung der Risse nichts. «Die Amerikaner zum Beispiel haben diese Risse auch festgestellt. Sie haben sie bereits repariert.»
Nach dem Volks-Nein zum Gripen-Kauf mache es Sinn, die Tiger-Flotte für leichtere Aufgaben länger im Betrieb zu behalten als ursprünglich geplant: «Für Übungsflüge, für Zieldarstellungen, usw. kann man Material bereitstellen, das vielleicht nicht mehr ganz das Neuste ist.»
Ausfall einzelner Flugzeuge verkraftbar
Zwei Staffeln mit 20 bis 25 Tiger-Jets würden genügen, um noch ein paar Jahre weiterfliegen zu können, erklärt Hurter. Das sieht auch Corina Eichenberger, Nationalrätin der FDP, so. Der Ausfall vereinzelter Tiger sei zu verkraften:
«Es hat bestimmt solche, die noch in sehr gutem Zustand sind. Es gibt auch solche, die mehr strapaziert wurden. Deshalb könnte man die strapazierten als Ersatzteillager benutzen für diejenigen, die noch flugtüchtig sind.» Eichenberger spricht sich allerdings dagegen aus, allzu grosse Investitionen in die Tiger-Flotte zu tätigen: «Dieses Flugzeug wird nie mehr ein modernes Flugzeug werden.»
Das hat auch Verteidigungsminister Ueli Maurer vergangenen September im Ständerat betont. Die Nachrüstung der Tiger-Jets lehne er aus Kostengründen ab, sagte der Bundesrat, er sei aber bereit, den Einsatz der flugtauglichen Tiger über 2016 hinaus zu prüfen: «Als Übergangslösung wäre das denkbar, wenn gleichzeitig die Bereitschaft besteht, ein neues Flugzeug zu evaluieren.»