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Schweiz Sozialhilfe-Bezüger aus der EU sind vor allem Working poor

Wenige Wochen vor der Abstimmung über die Masseneinwanderungs-Initiative war bekannt geworden, dass einige Kantone Sozialhilfe an EU-Bürger auf Stellensuche ausrichten. Zahlen dazu liegen erst jetzt vor. Sie zeigen, dass es nur wenige Sozialhilfe-Fälle gibt – und diese vor allem wegen tiefer Löhne.

Weit über die Hälfte der Sozialhilfebezüger aus EU-Ländern sind weder arbeitslos noch auf Stellensuche, sondern so genannte Working poor: Sie arbeiten zwar, erhalten dafür aber kein ausreichendes Einkommen. Dies geht aus einem Bericht hervor, den die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrats veröffentlicht hat.

Bauarbeiter auf einer Leiter.
Legende: Sozialhilfe-Bezüger stammen oft aus dem südlichen Teil der EU und arbeiten in Berufen mit tiefen Löhnen. Keystone

Gestützt auf Zahlen bis Ende 2010 zeigt dieser auf, dass die Sozialhilfe- und Arbeitslosenquoten bei Zuwanderern aus der EU zunächst unter dem Schweizer Durchschnitt lagen, sich diesem aber nach und nach annäherten. Überdurchschnittlich oft betroffen sind Zuwanderer aus dem südlichen Europa, da sie häufig in Branchen mit tiefen Löhnen und unsicheren Arbeitsverhältnissen tätig sind – auf dem Bau oder im Gastgewerbe etwa.

Im Bericht fordert die GPK den Bundesrat daher auf, die Entwicklung der Tieflöhne und die Sozialleistungsbezüge genau zu beobachten. Die Kommission möchte auch wissen, was der Bundesrat zu unternehmen gedenkt, «damit mit den erwirtschafteten Löhnen die Lebenshaltungskosten in der Schweiz gedeckt werden können». Dies ist das Ziel der Mindestlohn-Initiative, über die am 18. Mai abgestimmt wird.

Kantone agieren unterschiedlich

Der GPK-Bericht hält zur Zuwanderung aus der EU noch weitere Zahlen bereit: Fast vier Fünftel der erwachsenen Zuwanderer kamen als Erwerbstätige in die Schweiz, 8 Prozent von ihnen haben aber nie eine Erwerbstätigkeit aufgenommen. Umgekehrt nahmen 60 Prozent der Personen, die im Familiennachzug eingereist waren, innerhalb von vier Jahren eine Erwerbstätigkeit auf.

Mängel ortet die GPK vor allem beim Vollzug. Ihr Bericht zeigt etwa, dass die Kantone als Vollzugsbehörden bei Erteilung oder Entzug des Aufenthaltsrechts sehr unterschiedliche Massstäbe anlegen. Dies liegt einerseits daran, dass die nötigen Informationen nicht zur Verfügung stehen.

Andererseits nutzen die Migrationsbehörden die zur Verfügung stehenden Informationen nicht konsequent, «um von ihren Möglichkeiten zur Beschränkung des Aufenthaltsrechts Gebrauch zu machen», wie es im Bericht heisst. Darin ist auch klar festgehalten, dass die kantonalen Behörden in dem Bereich über keinerlei Spielraum verfügen, wie der Bericht feststellt.

Kritik auch am Bundesrat

Der Bund kommt ebenfalls schlecht weg: Die Aufsichtsbehörden schauten «dieser Entwicklung zu, ohne sich dafür einzusetzen, dass bessere Grundlagen geschaffen werden, damit die Möglichkeiten der Steuerung der FZA-Zuwanderung auch ausgeschöpft werden», heisst es im Bericht. Zu diesem Schritt hatte sich der Bundesrat erst Mitte Januar durchgerungen.

Einigermassen überraschend kündigte Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann damals eine härtere Gangart gegenüber EU-Rentnern sowie EU-Bürgern an, die zur Stellensuche in die Schweiz einreisen. Dass diese in einigen Kantonen Sozialhilfe erhalten, war vorher nicht allgemein bekannt gewesen. Konkrete Zahlen dazu wollte der Bundesrat jedoch nicht vorlegen.

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