Wohin der europapolitische Weg der SP führt, bleibt auch nach der Delegiertenversammlung unklar. Nach dem Schock des Ja zur Masseneinwanderungs-Initiative am 9. Februar will sich die Partei mit allen Mitteln gegen eine Abschottung wehren, und sie will weiter für eine soziale und offene Schweiz kämpfen. Das haben die Delegierten in einer einstimmig verabschiedeten Resolution bekräftigt.
Uneins sind sich die Genossen, wie diese Ziele am besten erreicht werden können. In der Debatte mit mehreren Dutzend Wortmeldungen wurde wiederholt das Thema EU-Beitritt aufgebracht.
Schliesslich gaben die Delegierten bei der Parteispitze eine «Strategie zur Durchsetzung einer neuen SP-Europapolitik» in Auftrag. Auf Empfehlung der Geschäftsleitung erneuerten+ sie zudem die grundsätzliche Forderung der SP nach EU-Beitrittsverhandlungen. Allerdings müsse die Europäische Union sozialer werden.
Abstimmung über Bilaterale
Unter dem Strich folgten die Genossen damit Parteichef Christian Levrat. Dieser will alle Optionen offen halten und äusserte in seiner kämpferischen Rede auch Vorbehalte gegenüber der EU mit ihrer «neoliberalen» Agenda.
Drei Grundsätze stünden im Moment im Zentrum, betonte Levrat. Erstens wolle die SP die stabilen institutionellen Beziehungen zur EU nicht kampflos aufgeben. «Wir werden das Volk fragen, ob die Personenfreizügigkeit aufgekündigt werden soll.»
Beschlüsse weiterer Parteien
Zweitens werde die SP – «wenn nötig per Referendum» – jede diskriminierende Regelung bekämpfen. Die Wiedereinführung des Saisonnierstatuts durch eine Beschränkung des Familiennachzugs für Kurzaufenthalte sei inakzeptabel. «Die Schweiz der Baracken gehört der Vergangenheit an», sagte Levrat unter dem Applaus der Delegierten.
Drittens brauche es dringend einen besseren Lohnschutz. Die flankierenden Massnahmen dürften nicht in Frage gestellt werden, mahnte Levrat, der auch Versäumnisse der SP bei der verlorenen Abstimmung eingestand. «Wir haben verloren, weil wir uns nicht Gehör verschaffen konnten».
Sommaruga hält sich bedeckt
SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga liess sich in Sachen Zuwanderungs-Initiative auch im Berner Jura nicht in die Karten blicken. Sie bat um Verständnis dafür, dass sie sich weiterhin nicht äussere, wie sie sich die Umsetzung des Verfassungsartikels vorstelle. Bei den laufenden Gesprächen sei es von grosser Bedeutung, möglichst grossen Handlungsspielraum zu erhalten.
Mit scharfen Worten kritisierte die Justizministerin die Haltung der Mitte-Parteien bei der Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative. Diese hatten sich mehrheitlich der SVP gebeugt. Sommaruga zeigte sich froh, selber in einer Partei zu sein, die bedingungslos für den Rechtsstaat einstehe, «ohne opportunistisch auf irgendwelche Umfragen zu schielen».
Unbestrittene Parolen
Das gelte auch für Abstimmungen, die kaum zu gewinnen seien, sagte Sommaruga mit Blick auf die Pädophilen-Initiative. Die SP fasste die Nein-Parole mit 121 zu 1 Stimme.
Diskussionslos wurden auch die weiteren Parolen für den 18. Mai gefasst. Die SP empfiehlt die Mindestlohn-Initiative ebenso zur Annahme wie die Vorlage zur Hausarztmedizin. Nein sagt die Partei zum Kauf der Gripen-Kampfjets. Alle drei Parolen wurden ohne Gegenstimme beschlossen.