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Schweiz Spione sind nicht willkommen, aber manchmal geduldet

Spionage in der Schweiz ist üblich. Im letzten Jahr hat sie sogar markant zugenommen, wie der Bericht des Nachrichtendienstes zeigt. Doch nicht immer gehen die Schweizer Behörden dagegen vor. In einzelnen Fällen nehmen sie Spionage bewusst in Kauf.

Terrorbedrohung bleibt

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Die Anschläge in Paris und Brüssel haben die Befürchtungen des NDB bestätigt: Die Terrorbedrohung bleibe hoch für die Schweiz, schreibt er. Denn es kämen immer noch viele Migranten aus dem Nahen und Mittleren Osten und der IS schicke weiter Personen mit Anschlagsplänen nach Europa. Die Schweiz sei aber nicht das primäre Ziel.

Seit die Welt digital geworden ist, verlagern sich Spionageaktivitäten zunehmend in die Computernetzwerke. Die Cyber-Spionage wird ein immer grösseres Problem, wie der Chef des Nachrichtendienst des Bundes (NDB), Markus Seiler, feststellt: «Wir stellen vor allem im Cyber-Bereich zahlreiche Angriffe fest. Zum Teil sind es einfache Attacken. Es gibt aber auch sehr gezielte Angriffe, die teils mit grossem Aufwand betrieben werden. Das letzte Beispiel dazu war der Spionageangriff auf die Verhandlungen der fünf Veto-Mächte des Uno-Sicherheitsrats plus Deutschland in Genf.»

Bisher hat der Nachrichtendienst vermutet, dass ein Staat hinter den gezielten Angriffen steckt, doch das müsse nicht zwingend der Fall sein, hält der NDB nun in seinem neuesten Lagebericht fest. Seit einigen Jahren sei in den Netzen eine private Gruppierung aktiv, die komplexe Spionagesoftware besitze und die Fähigkeit habe, diese zu platzieren. Sie führe für Kunden entweder die gesamte Operation durch, oder verkaufe nur die Software.

Je mehr die enttarnten Spione Richtung Genf und Verhandlungen gehen, desto schwieriger wird es.
Autor: Markus Seiler NDB-Chef

Aber auch die herkömmliche Spionage nehme in der Schweiz zu, heisst es weiter. Das heisst, fremde Nachrichtendienste setzen ihre als Diplomaten, Journalisten, Forscher oder Geschäftsleute getarnten Agenten vermehrt in der Schweiz ein. «Das kann die Schweiz oder auch ausländische Staaten und Organisationen, die in der Schweiz Gastrecht geniessen, betreffen. Das wollen wir auch unterbinden. Zu einem grossen Teil geht es aber um Wirtschaftsspionage», sagt NDB-Chef Seiler.

Manchmal sind Spione geduldet

Aber nicht in jedem Fall wird die Spionagetätigkeit unterbunden, wie dem Lagebericht weiter zu entnehmen ist. Das Abwägen von Interessen könne dazu führen, dass der Aufenthalt eines Spions in der Schweiz zumindest zeitweilig bewusst akzeptiert werde, liest man da.

Weitere Bedrohungen

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Auch der Konflikt des Westens mit Russland rückt in den Fokus des NDB. Einflusszonen rundum Europa gewinnen an Wichtigkeit. Die Cyberspionage stelle eine weitere Bedrohung dar. Schliesslich nennt der NDB China. Das Land mache zunehmend seinen Einfluss weltweit geltend.

In solchen Fällen werde der enttarnte Spion nicht an der Einreise gehindert oder seine Aufenthaltsbewilligung nicht entzogen, erläutert der Nachrichtendienstchef: «Je mehr sie Richtung Genf und Verhandlungen gehen, desto schwieriger wird es.» Es kann also vorkommen, dass ein enttarnter Spion in die Schweiz einreisen darf, wenn er bei multilateralen oder anderen Verhandlungen eine konstruktive Rolle spielen könnte, wie Seiler erklärt.

In einem solchen Fall spreche er sich mit Staatssekretär Yves Rossier im Aussendepartement ab, welches Interesse höher zu gewichten sei, sagt der NDB-Chef. Komme es zu keiner Einigung, entscheide der Sicherheitsausschuss des Bundesrates. Das sei aber nur sehr selten nötig.

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