Wer krank oder verletzt ins Spital muss, hofft, dieses nach einer Weile gesünder wieder verlassen zu können. Doch das ist nicht immer der Fall. Sechs bis acht Prozent der Patienten fangen sich dabei eine Infektion ein. «Das führt zur Verlängerung von Spitalaufenthalten, zu Mehrkosten, und Patienten sterben an solchen Infektionen», sagt Stefan Kuster. Er ist Facharzt für Infektiologie.
Schätzungsweise 2000 Todesfälle lassen sich jedes Jahr in der Schweiz auf eine im Spital erworbene, sogenannte nosokomiale Infektion zurückführen. Und es kann jeden und jede treffen, sagt Kuster: «Im Prinzip sind alle Patienten im Spital gefährdet. Am meisten aber jene mit Erkrankungen, die das Immunsystem schwächen; alte Menschen oder Leute auf Intensivstationen.»
Vermeidbare Infektionen reduzieren
Diese gefährdeten Patientengruppen werden tendenziell grösser. Die Menschen werden immer älter, Immunschwächekrankheiten nehmen zu. Auch neue, nach Reisen eingeschleppte Krankheiten kommen immer häufiger vor. Und trotz aller Vorsicht: Operationen lassen sich nicht immer völlig keimfrei durchführen. Infektionen im Spital und in Pflegeheimen sind deshalb unvermeidbar.
Aber es müssten nicht so viele sein, ist Ulrike Schröder vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) überzeugt. Sie leitet das Projekt Noso: «Das Ziel der Strategie ist, diese vermeidbaren Infektionen in Spitälern und Pflegeheimen zu reduzieren und damit die Patienten und das Pflegepersonal besser davor zu schützen.»
Ein erstes Ziel des Projekts ist es, verlässliche Zahlen über das Ausmass des Problems zu erheben und die bisherigen Schätzungen zu überprüfen. Dann soll ein schweizweites Überwachungssystem aufgebaut werden. Denn «Studien belegen, dass man allein mit dem Aufbau eines Überwachungssystems und auch dessen Reporting die Infektionen senken kann», sagt Schröder. Landesweit gültige Richtlinien zur Verhütung und Bekämpfung seien ein weiteres Ziel von Noso.
Händewaschen, Händewaschen, Händewaschen
Dabei gehe es nicht darum, das Rad neu zu erfinden, sagt Facharzt Kuster. Seit bald 200 Jahren wisse man um die Bedeutung der Hygiene im Spital und wie man Infektionen verhindern oder bekämpfen könne: «Das kann Handhygiene sein, das kann gute Desinfektion sein, das kann eine prophylaktische Antibiotikatherapie sein. Es gibt unzählige Massnahmen, spezifisch für jede dieser Infektionen.»
Am allerwichtigsten sei immer noch eine ganz einfache und eigentlich selbstverständliche Vorsichtsmassnahme: gründliches Händewaschen. «Eine Massnahme, die für alle diese Infektionen wirksam ist, ist die korrekte Durchführung der Handhygiene», sagt Kuster.
Solche ganz konkreten Tipps und Empfehlungen stehen nicht im Strategieentwurf zur Überwachung, Verhütung und Bekämpfung von Spitalinfektionen. Es gehe vorerst darum, verbesserte Rahmenbedingungen zur Infektionsbekämpfung zu definieren und auch in der Ausbildung des medizinischen Personals noch stärker zu gewichten.
Auch keine Rede ist darin von den Kosten der Strategie und allfälligen Konsequenzen, sollte sich dereinst ein Spital oder ein Heim nicht daran halten.
Interessierte Kreise haben nun drei Monate Zeit, den Strategieentwurf zu studieren. Ende Jahr sollte ihn der Bundesrat genehmigen. 2016 soll er umgesetzt werden.